Kurz nach der Revolution im Jahre 1959 hatte die kubanische Regierung den freien Autohandel weitgehend untersagt. Neuwagen vor allem sowjetischer Bauart verteilte der Staat seitdem nur als "Prämie" an wenige regierungstreue Beamte und Ärzte. Den Verkauf von Gebrauchtwagen unter Kubanern hat die Regierung der Insel erst im Jahr 2011 wieder genehmigt. Im Jahr 2013 erlaubte sie den Einzelhandelsverkauf von Neu- und Gebrauchtwagen. Bis dahin waren für den einfachen Genossen nur Modellen erhältlich, die vor der Revolution 1959 gebaut wurden. In der Zeit dazwischen entstand die vielleicht beliebteste Touristenattraktion Kubas: US-Oldtimer, die Urlauber herumkutschieren, oder Einheimische für wenig Geld von A nach B bringen. All die Fords, Studebakers, Chryslers und Chevys, die als Sinnbild des Kapitalismus die Straßen Havannas bevölkern, hat die Kulturbehörde vor geraumer Zeit gar zum kubanischen Kulturgut erhoben und deren Verkauf an zahlungskräftige Yumas untersagt. So wurde Kuba zum Jurassic Park für ausgestorbene amerikanische Automobile. 192000 amerikanische Autos gab es 1959 auf der Karibikinsel, heute dürften davon noch ein Viertel übrig sein. Oft sind die betagten Schlitten älter als ihre Besitzer und mancher Sammler würde sich vermutlich glücklich schätzen eines der seltenen Modelle in seiner Kollektion zu haben. Allerdings sind Kubas Oldtimer in der Regel keine scheckheftgepflegten Sonntagsfahrzeuge, sondern Alltagsvehikel, an denen die hohe Luftfeuchtigkeit und das Salzwasser über die Jahre die Rostproduktion beflügelt haben. Aufgrund des Embargos waren Ersatzteile Mangelware, so dass in manchem Amerikaner mittlerweile ein Wolga-Motor oder Lada-Vergaser aus Russland werkelt. Mit der Aufhebung des Handelsverbots von 1959 und der Lockerung der Im- und Exportgesetz durch den kubanischen Ministerrat im Jahre 2013 sind die Jahre des amerikanischen Oldtimerfreiluftmuseums wohl gezählt. Die meisten Besitzer einer verrosteten, mit kubanischem Erfindungsreichtum zusammengehaltenen Nostalgieschaukel würden diese lieber heute als morgen gegen einen Golf oder ein anderes deutsches Wertprodukt neueren Baujahrs tauschen und die Besitzer gewinnbringender Raritäten werden diese meistbietend verkaufen. Bis jetzt regelt das Gesetz zwar nur den Verkauf innerhalb Kubas und die Einfuhr. Steuern, Zölle, etc können für Ausländer aus einem vermeintlichen Schnäppchen schnell ein Groschengrab machen. Doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Schmuckstücke amerikanischer Autobaukunst in den Garagen kapitalistischer Klassenfeinde mit dem nötigen Kleingeld verschwunden sind und asiatische Einheitsware die rollenden Rostlauben aus Havannas Straßenbild verdrängt haben.
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