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Die US-Regierung hat ihre Sanktionen gegen Kuba erneut verschärft – mit weitreichenden Folgen auch für deutsche Unternehmen. Trotz völkerrechtlicher Bedenken verweigert die Bundesregierung jegliche Unterstützung – und überlässt betroffene Unternehmen sich selbst. Die Bundesregierung zeigt sich passiv gegenüber den zunehmenden wirtschaftlichen Repressionen der Vereinigten Staaten gegen Kuba – und deren gravierenden Folgen für deutsche Unternehmen. Dies wurde in der jüngsten Bundespressekonferenz deutlich, bei der Nachfragen zu Konsequenzen der extraterritorialen US-Sanktionen gegen Kuba weitgehend unbeantwortet blieben. Während die USA ihre Blockadepolitik verschärfen, bleibt Berlin bemerkenswert still.
Anlass der Nachfrage war das am 30. Juni veröffentlichte Memorandum zur nationalen Sicherheit der US-Regierung mit dem Titel „Verschärfung der Politik der USA gegenüber Kuba“. Darin kündigt das Weiße Haus eine Reihe neuer Restriktionen an, darunter das Verbot „direkter und indirekter“ Finanztransaktionen mit nahezu allen staatlich kontrollierten Unternehmen auf der Karibikinsel. Zusätzlich sollen sämtliche reisebezogenen Geldtransfers in die Insel fünf Jahre lang gespeichert werden. Die Maßnahmen treffen nicht nur Kubanerinnen und Kubaner, sondern auch ausländische Unternehmen – etwa, wenn sie Dienstleistungen auf Kuba anbieten oder mit kubanischen Partnern kooperieren. Nach Einschätzung des Kuba-Experten Edgar Göll könnte allein der Ausschluss des kubanischen Finanzdienstleisters Orbit aus dem Zahlungsverkehr einen Rückgang des kubanischen Bruttoinlandsprodukts um bis zu 25 Prozent bewirken. Offiziell wird dies von der US-Regierung als Beitrag zur Schaffung eines „freien und prosperierenden Kubas“ verkauft. In der Praxis aber entfaltet die Blockade längst auch massive Wirkung auf europäische Unternehmen. Über die OFAC (Office of Foreign Assets Control), die dem US-Finanzministerium unterstellt ist, drohen den Firmen empfindliche Strafen – oft in Milliardenhöhe. Die Alternative: der Verlust des US-Marktzugangs. Die Folge ist ein Abschreckungseffekt, der potenzielle Investoren, Banken und Versicherungskonzerne bereits im Vorfeld ausbremst. Zahlreiche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre Erfahrungen mit den US-Sanktionen gemacht. So verhängte Washington 2014 gegen die französische Großbank BNP Paribas eine Rekordstrafe von zehn Milliarden US-Dollar wegen Geschäften mit Kuba. Auch deutsche Firmen blieben nicht verschont. Die Commerzbank musste in zwei Fällen insgesamt über zwei Milliarden Dollar zahlen. Die Bayer AG sah sich 2022 gezwungen, einen Großauftrag zur Lieferung von Tierarzneimitteln zu stornieren – und stellte alle Handelsbeziehungen zu Kuba ein. Selbst gemeinnützige Vereine wie das „Netzwerk Cuba“ scheiterten mehrfach an Überweisungen nach Kuba, weil inländische Banken auf mögliche Sanktionen hinwiesen. Doch trotz dieser Entwicklungen zeigt sich die Bundesregierung unbeeindruckt. Auf die Frage, ob man die US-Sanktionen nach wie vor als völkerrechtswidrig einstuft, erklärte Regierungssprecher Wolfgang Kornelius in der Pressekonferenz am 8. Juli lediglich, dass hierzu keine neue Position existiere. Auch das Auswärtige Amt konnte keinen aktuellen Stand benennen – man müsse „etwas nachreichen“. Auf die Nachfrage, ob deutsche Unternehmen Hilfe oder Unterstützung erhielten, erklärte Kornelius lakonisch: „Die Bundesregierung hat keine Hilfsmaßnahmen, was das angeht.“ Diese Haltung steht im Widerspruch zum Abstimmungsverhalten Deutschlands in den Vereinten Nationen. Bei der UN-Vollversammlung im Oktober 2024 stimmte Deutschland erneut für eine von Kuba eingebrachte Resolution, in der das „sofortige und bedingungslose Ende der US-Blockade“ gefordert wurde. Lediglich die USA und Israel votierten dagegen, während sich nur Moldawien enthielt. Auch auf EU-Ebene existieren durchaus Instrumente gegen extraterritoriale Sanktionen. Bereits 1996 verabschiedete die Europäische Kommission die sogenannte „Blocking-Verordnung“ (Council Regulation 2271/96), die Unternehmen vor den Auswirkungen völkerrechtswidriger Drittstaatengesetze schützen soll. Diese wird jedoch – wie Kritiker betonen – weder in Deutschland noch in Brüssel ernsthaft umgesetzt. Tatsächlich endet die Liste von Fällen, in denen deutsche Unternehmen von Sanktionen betroffen waren, weitgehend mit dem Jahr 2022. Nicht etwa, weil sich die US-Politik geändert hätte, sondern weil es kaum noch wirtschaftliche Beziehungen zwischen deutschen Firmen und Kuba gibt. Abschreckung, wirtschaftliche Unsicherheit und der politische Druck aus Washington haben ihre Wirkung entfaltet. Kuba ist für viele Unternehmen zur roten Zone geworden. Im Fazit stellt sich die Bundesregierung nicht nur blind gegenüber den wirtschaftlichen Interessen deutscher Unternehmen, sondern auch gegenüber eklatanten Verstößen gegen internationales und europäisches Recht. Die USA diktieren de facto, mit wem deutsche Unternehmen Geschäfte machen dürfen – und Berlin lässt dies ohne Gegenwehr zu. Die vielbeschworene „wertebasierte Außenpolitik“ gerät damit zum Lippenbekenntnis, wenn es um wirtschaftliche Interessen des wichtigsten Bündnispartners geht. Für viele Beobachter ist das eine Bankrotterklärung – außenpolitisch wie wirtschaftlich.
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