Neues aus Kuba
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Die ostkubanische Provinz Guantánamo erlebt derzeit eine der schwersten Sargassum-Invasionen der vergangenen Jahre. Riesige Mengen der Braunalge belasten Umwelt, Wirtschaft und Gesundheit der Bevölkerung. Besonders betroffen sind Küstenorte wie Baracoa, Baitiquirí und El Guanal.
Abbildung: Bogdan Giușcă (Bogdan Giuşcă, Sargassum on the beach, Cuba, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Die ostkubanische Provinz Guantánamo sieht sich derzeit mit einer der schwersten Sargassum-Invasionen der vergangenen Jahre konfrontiert. Das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Umwelt (CITMA) hat am 23. Juni eine offizielle Warnmeldung herausgegeben, in der es auf die erheblichen Risiken hinweist, die von den riesigen Mengen der Braunalge an der Küste ausgehen. Besonders betroffen sind die Gemeinden Baracoa, San Antonio del Sur sowie die Küstenorte Baitiquirí und El Guanal.
Gefahr aus dem Meer Die Massen an Sargassum – eine Alge, die in tropischen Meeren wächst – zersetzen sich derzeit unter der karibischen Sonne. Dabei entstehen Gase wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak, die nicht nur für einen starken Geruch sorgen, sondern auch die Gesundheit der Bevölkerung gefährden. Laut CITMA können die Emissionen zu Augenreizungen, Atemwegserkrankungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel führen – besonders bei Menschen mit Asthma oder Allergien. Zusätzlich können die zersetzten Algen Bakterien beherbergen, die Haut- und Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen. Neben den gesundheitlichen Folgen hat das Phänomen auch massive Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft. Die lokale Fischerei ist erheblich beeinträchtigt, da das Sargassum maritime Aktivitäten blockiert und zum Absterben von Fischen und anderen Meerestieren führt. Die Küstengewässer verlieren durch die Algenansammlungen an Sauerstoff, Sonnenlicht dringt kaum noch bis zum Meeresboden durch. Die staatliche Fischereigesellschaft Guantánamo warnt vor langfristigen Schäden für das marine Ökosystem und den ohnehin angeschlagenen Fischereisektor. Ökologische Krise mit wirtschaftlichen Folgen Auch die Infrastruktur leidet. Anwohner berichten, dass der stark korrosive Schwefelwasserstoff Metallteile an Booten und Gebäuden beschädigt. Der Tourismus, der vielerorts als wirtschaftlicher Hoffnungsträger gilt, ist in den betroffenen Regionen praktisch zum Erliegen gekommen. Besonders gravierend wirkt sich die Situation angesichts des beginnenden Sommers aus – einer Hauptreisezeit für inländische und internationale Gäste. Internationale Satellitenbeobachtungen stützen die Einschätzung der Behörden, dass es sich bei der aktuellen Invasion um ein besonders intensives Ereignis handelt. Bereits im Mai dieses Jahres wurde im tropischen Atlantik eine Rekordmenge von 38 Millionen Tonnen Sargassum dokumentiert. Damit wurde der bisherige Höchstwert von 22 Millionen Tonnen im Jahr 2022 deutlich überschritten. Prognosen gehen von einem weiteren Anstieg auf über 40 Millionen Tonnen in den kommenden Monaten aus. Einige Wissenschaftler halten eine neue Rekordankunft in Kuba für wahrscheinlich, sollte kein tropischer Sturm die Algenverteilung unterbrechen. Als Ursachen gelten der globale Klimawandel, die Erwärmung der Meere, veränderte Wind- und Strömungsmuster sowie eine Überdüngung der Ozeane, insbesondere durch Flüsse wie den Amazonas, die große Mengen Stickstoff und Phosphor ins Meer eintragen. Diese Faktoren begünstigen das explosionsartige Wachstum der Braunalge und ihre Verdriftung in Richtung der Karibikküsten. Kubanische Gemeinden kämpfen mit begrenzten Mitteln Die gegenwärtige Situation ist keineswegs neu, sondern Ausdruck eines seit rund einem Jahrzehnt anhaltenden Musters. Seit 2011 werden im karibischen Raum regelmäßig massive Sargassum-Anlandungen verzeichnet – mit zunehmender Intensität. Die aktuelle Welle trifft Kuba jedoch besonders unvorbereitet. Im Gegensatz zu anderen Ländern der Region verfügt die Insel nur über begrenzte technische und finanzielle Mittel zur Bewältigung der Krise. Während in Mexiko Barrieren auf See installiert, Algen mit Spezialbooten eingesammelt und in speziellen Anlagen verwertet werden, sind vergleichbare Maßnahmen in Kuba bislang nicht realisiert worden. Stattdessen greifen lokale Initiativen. In Guantánamo beteiligten sich laut staatlicher Nachrichtenagentur ACN Schüler und Lehrkräfte der medizinischen Fakultät an Reinigungsaktionen an Stränden wie Tortuguilla. In Playa Doña Yuya berichten Augenzeugen von riesigen Algenteppichen, die selbst in über 400 Metern Entfernung vom Meer noch deutlich zu riechen seien. Andere Regionen wie Caimanera oder der östlich gelegene Ort Maisí zeigen vergleichbare Bilder, wenngleich die Ausprägung regional stark schwankt. Ruf nach internationaler Zusammenarbeit In Wissenschaft und Umweltpolitik wächst unterdessen der Druck, langfristige Lösungen zu entwickeln. Neben präventiven Maßnahmen zur Sammlung auf hoher See werden zunehmend wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten diskutiert. In anderen Ländern der Karibik werden aus dem Sargassum bereits Baumaterialien, Biokunststoffe oder Düngemittel hergestellt. Die Skalierbarkeit solcher Projekte bleibt jedoch begrenzt, und ein systematischer Ansatz auf regionaler Ebene steht bislang aus. Fachleute fordern daher einen koordinierten regionalen Aktionsplan unter Einbindung internationaler Organisationen wie dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Nur durch gemeinsame Überwachung, Datenaustausch und Technologieeinsatz könne das Problem in den Griff bekommen werden. In Kuba jedoch bleibt die Lage vorerst prekär. Die Gemeinden an der Südküste von Guantánamo beobachten mit wachsender Sorge, wie ihre Lebensgrundlagen von den Algenmassen bedroht werden – eine Lösung ist bislang nicht in Sicht. Die Insel, ohnehin gebeutelt von wirtschaftlicher Stagnation und Versorgungsengpässen, steht mit der Sargassum-Krise vor einer weiteren Belastungsprobe.
Quellen: EFE (https://t1p.de/vc12u), LMS (https://t1p.de/a3o3s), El Bohio Revista (https://t1p.de/u8ajf), Cubita Now (https://t1p.de/xl19q)
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Text: Leon Latozke
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