Neues aus Kuba
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In mehreren Regionen Kubas breitet sich das Dengue-Fieber zunehmend aus. Fehlende Medikamente, unzureichende Hygienemaßnahmen und staatliche Untätigkeit verschärfen die Lage.
Wie die Zeitung Martí Noticias berichtet, wächst in Kuba die Sorge über eine zunehmende Ausbreitung des Dengue-Fiebers. Mehrere Einwohner, unabhängige Journalisten und Mediziner schildern alarmierende Zustände – sowohl hinsichtlich der Infektionslage als auch der öffentlichen Gesundheitsversorgung.
In mehreren Regionen Kubas kommt es demnach zu einer auffälligen Häufung von Dengue-Fällen. Die Krankheit, die durch den Aedes aegypti-Moskito übertragen wird, grassiert demnach vor allem in Provinzstädten wie Santa Clara, Santiago de Cuba und Baracoa. Bewohner berichten von einem wachsenden Mangel an Medikamenten, unzureichender Hygiene und fehlenden staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens. Guillermo del Sol, ein unabhängiger Journalist aus Santa Clara, kritisiert gegenüber Martí Noticias, dass das kubanische Gesundheitsministerium kaum über Mittel für die sogenannte Antivector-Kampagne verfüge – also Maßnahmen zur Bekämpfung von Krankheitsüberträgern wie Mücken. Dadurch könne sich das Virus nahezu ungehindert ausbreiten. „Es gibt einen starken Ausbruch von Dengue, der die Bevölkerung stark trifft“, so del Sol. Auch andere Erkrankungen wie Hepatitis und Lepra nähmen zu. Die hygienischen Zustände beschreibt er als bedenklich: Müllhäufen in Wohngebieten, kontaminierte Abwasserkanäle, eine überlastete Infrastruktur. Die offizielle Seite bemüht sich derweil, die Lage zu beruhigen. Der Leiter der Abteilung für Epidemiologie im Gesundheitsministerium, Dr. Francisco Durán, sprach kürzlich im staatlichen Fernsehen über die aktuelle Situation. Neben dem Dengue-Virus verwies er auch auf das Oropouche-Fieber, das durch Mücken und Gnitzen übertragen wird. Beide Krankheiten seien derzeit in Kuba präsent. Durán betonte jedoch, dass der klinische Verlauf in den meisten Fällen mild sei. Wichtig sei es, bei ersten Symptomen rasch medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen – insbesondere bei Kindern, bei denen es häufiger zu Komplikationen komme. In der Praxis scheint dies jedoch nur bedingt zu gelingen. In Baracoa, Guantánamo, schildert der Journalist Emilio Almaguer, dass viele Erkrankte gar nicht erst ins Krankenhaus gingen. „Die Leute behandeln sich zu Hause, weil sie den Eindruck haben, dass ihnen dort ohnehin nicht geholfen wird“, erklärt er. Die Versorgungslage sei prekär, nicht nur im Gesundheitswesen. Medikamente seien oft nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich, Apotheken weitgehend leer. „Es ist ein täglicher Kampf – um Lebensmittel, Medikamente, um alles“, so Almaguer. Ähnlich äußert sich Lucinda González aus La Lisa, einem Stadtteil Havannas. Sie selbst habe kürzlich eine Dengue-Infektion überstanden und bezeichnet die hygienischen Bedingungen als dauerhaft unzureichend. „Solange es an allem fehlt – Medikamenten, Lebensmitteln, funktionierender Müllentsorgung – wird sich hier nichts ändern“, sagt sie. Kuba gleiche einem einzigen „dauerhaften Müllhaufen“. Auch medizinisches Fachpersonal schlägt Alarm. In La Maya, Santiago de Cuba, äußert sich der Arzt Roberto Serrano mit deutlichen Worten: „Die hygienische Lage ist schlecht und verschlechtert sich weiter. Es fehlt an allem: an Medikamenten, an Personal, an Ressourcen für die Desinfektion.“ Die staatliche Prioritätensetzung kritisiert er offen: „Der einzige Bereich, in dem der Staat effizient ist, ist die Repression. Bei der öffentlichen Gesundheit herrscht Desorganisation.“ Die Wasserverteilung sei unzuverlässig, in den Städten bildeten sich überall stehende Wasseransammlungen – ein idealer Brutplatz für Moskitos. Nach Angaben von Martí Noticias herrscht unter der Bevölkerung zunehmend Misstrauen gegenüber den offiziellen Darstellungen. Die Zahl der Infizierten werde aus Sicht vieler Betroffener heruntergespielt, effektive Präventionsmaßnahmen seien kaum sichtbar. Statt gezielter Informationskampagnen oder flächendeckender Fumigationen seien die Menschen auf Eigeninitiative angewiesen – in einem Umfeld, das kaum Schutz vor Infektionen bietet. Hinzu kommt, dass grundlegende Medikamente zur Behandlung der Symptome vielerorts fehlen. Selbst fiebersenkende Mittel oder Schmerzmittel sind laut mehreren Berichten in den staatlichen Apotheken nicht erhältlich. Wer sich dennoch behandeln will, ist oft auf inoffizielle Märkte angewiesen – mit teils erheblichen finanziellen Belastungen. Die derzeitige Dengue-Welle offenbart damit nicht nur eine temporäre Gesundheitskrise, sondern verdeutlicht strukturelle Defizite in der öffentlichen Daseinsvorsorge Kubas. Die Infrastruktur ist vielerorts veraltet, die medizinische Grundversorgung stark eingeschränkt, zentrale Maßnahmen zur Krankheitsbekämpfung greifen kaum oder gar nicht. Das staatliche Gesundheitssystem, lange Zeit als eines der Vorzeigeprojekte der kubanischen Politik präsentiert, steht offensichtlich unter massivem Druck. Wie sich die Lage weiterentwickelt, bleibt unklar. Eine groß angelegte staatliche Reaktion auf die zunehmende Zahl an Infektionen ist bislang nicht bekannt. Auch internationale Hilfsangebote wurden bislang nicht öffentlich thematisiert. Für viele Kubaner bleibt damit nur der Rückzug ins Private – mit improvisierten Mitteln und der Hoffnung, dass das eigene Umfeld von der nächsten Krankheitswelle verschont bleibt.
Quelle: Martí Noticias (https://t1p.de/j8ndv)
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Text: Leon Latozke
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