Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
Angesichts chronischen Devisenmangels setzt Kuba zunehmend auf den US-Dollar – allerdings ohne offizielle Dollarisierung. In bestimmten Sektoren, Geschäften und Verwaltungsbereichen wird in Dollar gezahlt, während der Staat an einer neuen Wechselkursregelung arbeitet.
Die wirtschaftliche Realität Kubas ist seit Jahren von Devisenmangel, Inflationsdruck und einem zunehmenden Verlust des Vertrauens in die eigene Währung geprägt. Während einige Länder Lateinamerikas den US-Dollar aus Überzeugung oder durch politische Weichenstellungen als offizielles Zahlungsmittel eingeführt haben, ist die Rückkehr des Dollars in Kuba Ausdruck wirtschaftlicher Notwendigkeit – keine durchdachte Strategie. Die spanischsprachige Nachrichtenagentur EFE beleuchtet in einem aktuellen Dossier die unterschiedlichen Formen der Dollarisierung auf dem Subkontinent – von Panama über Venezuela bis nach Kuba – und stellt dabei fest: Auch wenn der US-Dollar auf Kuba offiziell nicht den kubanischen Peso ersetzt hat, prägt er zunehmend das Wirtschaftsleben der Insel.
Dollarisierung auf Raten: Eine pragmatische Rückkehr des Dollars Die kubanische Regierung hat in den letzten Jahren schrittweise die Nutzung von US-Dollar in bestimmten Wirtschaftssektoren wiedereingeführt Einige Produkte, Verfahren und Geschäfte werden in Dollar abgewickelt, während die Regierung an einem neuen, flexiblen Wechselkurs arbeitet. Diese Öffnung ist eine Reaktion auf den massiven Devisenmangel des Staates und das damit einhergehende Scheitern der Einheitswährungsreform von 2021, die eigentlich zu einer Stabilisierung des Peso führen sollte. Mit Einführung neuer DEvisen-Supermärket, in denen ausschließlich bare US-Dollar, andere Devisen, internationale Kreditkarten sowie die im Januar 2024 eingeführte „Tarjeta Clásica“ als Zahlungsmittel akzeptiert werden, hat Kuba eine neue ökonomische Realität geschaffen. Für viele Kubaner bedeutet dies, dass sie ihre Grundbedürfnisse nur noch über informelle Kanäle decken können, da sie keinen Zugang zu Dollar oder Euro haben. Die Folge: Ein rasanter Anstieg des informellen Devisenmarktes mit inoffiziellen Wechselkursen, die weit über den staatlich festgesetzten Werten liegen. Komplexes Wechselkurssystem schafft Unsicherheit Ein zentrales Problem im aktuellen kubanischen Währungssystem ist die Existenz mehrerer Wechselkurse. Neben dem offiziellen Kurs von derzeit 1 USD = 24 CUP (kubanische Pesos) existieren staatlich festgelegte Wechselkurse für Unternehmen und Banken sowie ein informeller Schwarzmarktkurs, der teilweise ein Vielfaches des offiziellen Werts beträgt. Diese Mehrfachstruktur führt zu erheblichen Marktverzerrungen und erschwert sowohl Investitionen als auch den Konsum. Die Regierung kündigte im Frühjahr 2025 an, an einem neuen System mit flexiblen Wechselkursen zu arbeiten, um diese Missstände zu beheben. Ziel sei es, ein einheitliches, marktnahes System zu schaffen, das sowohl wirtschaftliche Dynamik fördert als auch sozial verträglich bleibt. Konkrete Maßnahmen oder ein Zeitplan wurden von der Regierung bisher nicht präsentiert. Ein nach Medienberichten neuer Wechselkurs für Unternehmen in der Sonderwirtschaftszone Mariel wurde offiziell nicht bestätigt. Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Ländern Im Vergleich zu anderen Ländern der Region ist die kubanische Dollarisierung ein Sonderfall. Während Panama den US-Dollar bereits seit 1904 offiziell als Währung nutzt und Ecuador nach einer schweren Wirtschaftskrise im Jahr 2000 erfolgreich auf den Dollar umgestellt hat, sind Länder wie Venezuela, Argentinien oder Peru Beispiele für eine faktische oder partielle Dollarisierung. In Venezuela beispielsweise wird der Großteil aller Transaktionen bereits in US-Dollar abgewickelt, was trotz wirtschaftlicher Erleichterung die soziale Ungleichheit massiv verschärft hat. Auch in Argentinien hat der Dollar das wirtschaftliche Leben durchdrungen, obwohl der Peso offiziell als Währung fungiert. Kuba bewegt sich in dieser Hinsicht näher an Venezuela oder Argentinien als an Panama oder Ecuador – mit dem entscheidenden Unterschied, dass die kubanische Regierung bislang einen vollständigen Übergang zur Dollarwirtschaft vermeidet und stattdessen ein hybrides System etabliert hat, das auf Dauer schwer tragfähig erscheint. Der informelle Devisenmarkt als Schattenwirtschaft Ein besonders deutliches Zeichen für die instabile Währungssituation auf Kuba ist der florierende Schwarzmarkt für Devisen. Hier liegt der reale Wechselkurs mittlerweile beim Zehn- bis Zwanzigfachen des offiziellen Werts. Dieser Schattenmarkt ist nicht nur Ausdruck des Misstrauens gegenüber der offiziellen Währungspolitik, sondern hat sich zu einem eigenen wirtschaftlichen Ökosystem entwickelt. Er beeinflusst Preise, Löhne und Investitionen – und unterläuft zunehmend die fiskalischen Steuerungsversuche des Staates. Für viele Haushalte ist der Zugang zu Dollar nur über Überweisungen aus dem Ausland möglich, sogenannte „remesas“. Damit gewinnt die kubanische Diaspora – vor allem in den USA – weiter an wirtschaftlicher Relevanz. Gleichzeitig verschärft dies jedoch die soziale Spaltung innerhalb der kubanischen Gesellschaft. Perspektiven: Zwischen Stabilisierung und sozialer Schieflage Ob Kuba in den kommenden Jahren eine formale Dollarisierung einführt oder langfristig am Peso als offizieller Währung festhält, ist derzeit offen. Klar ist jedoch: Ohne tiefgreifende Reformen im Wechselkursregime, eine Stabilisierung der Inflation und eine Öffnung gegenüber internationalen Kapitalströmen wird das Vertrauen der Bevölkerung in die nationale Währung kaum zurückzugewinnen sein. Im Gegensatz zu Ländern wie Ecuador, wo die Dollarisierung nach Jahren der Instabilität zu Preisstabilität und fiskalischer Disziplin führte, mangelt es Kuba bislang an den strukturellen Voraussetzungen für einen solchen Schritt. Zudem ist das Misstrauen gegenüber internationalen Finanzinstitutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank tief verwurzelt – politische Barrieren, die einer wirtschaftlichen Öffnung im Wege stehen. Die Dollarisierung in Kuba ist weniger das Ergebnis einer strategischen Entscheidung als vielmehr ein Symptom struktureller ökonomischer Schwäche. Während andere Länder Lateinamerikas den US-Dollar als Stabilitätsanker nutzen, ist er auf Kuba vor allem ein Mittel zur kurzfristigen Sicherung des Zugangs zu überlebenswichtigen Gütern. Eine nachhaltige Lösung der Währungsproblematik ist nur im Rahmen einer umfassenden Wirtschaftsreform denkbar – ein Schritt, der angesichts der politischen und sozialen Realitäten auf der Insel derzeit kaum absehbar ist.
>> Mariel: Kuba führt neuen Wechselkurs ein
>> Kuba vor Währungswende? Regierung prüft Neuausrichtung von Wechselkursen und Devisensteuerung
Quelle: EFE (https://t1p.de/ni9pf)
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |