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Ein Bundesgericht in Florida hat Expedia zu einer Strafzahlung von 29,8 Millionen US-Dollar an einen kubanischstämmigen Kläger verurteilt. Es ist das erste Urteil unter Berufung auf Titel III des Helms-Burton-Gesetzes und könnte als Präzedenzfall für weitere Klagen dienen – mit potenziell weitreichenden Konsequenzen für internationale Unternehmen mit Kuba-Geschäften.
Ein Bundesgericht in Florida hat das US-amerikanische Reiseunternehmen Expedia und drei seiner Tochterfirmen zur Zahlung von insgesamt 29,8 Millionen US-Dollar an einen kubanischstämmigen Kläger verurteilt. Es handelt sich um das erste Urteil, das im Rahmen eines Juryverfahrens unter Berufung auf Titel III des umstrittenen Helms-Burton-Gesetzes gefällt wurde – eine Bestimmung, die es US-Bürgern mit früherem Eigentum in Kuba erlaubt, Unternehmen zu verklagen, die von konfisziertem Besitz profitieren.
Der Kläger Mario Echevarría, ein in den USA eingebürgerter Kubaner, hatte geltend gemacht, dass seiner Familie in den 1960er-Jahren Land auf der Insel Cayo Coco enteignet wurde. Auf diesen Flächen entstanden später touristische Anlagen, unter anderem die Hotels Iberostar Mojito, Iberostar Colonial und Pullman Cayo Coco. Expedia und die Tochterunternehmen Hotels.com LP, Hotels.com GP und Orbitz LLC sollen über ihre Buchungsplattformen Reservierungen in diesen Hotels ermöglicht und dadurch wirtschaftlichen Nutzen aus den konfiszierten Flächen gezogen haben. Das Gericht folgte dieser Darstellung und sprach dem Kläger einen dreifach bemessenen Schadenersatz in Höhe von 29,85 Millionen US-Dollar zu. Grundlage für die hohe Summe war, dass Expedia nach Angaben der Klägerseite bereits im Vorfeld über die umstrittene Eigentumslage informiert worden war, den Geschäftsbetrieb jedoch fortgesetzt und keine Entschädigung geleistet hatte. Die Entscheidung des Bundesgerichts im südlichen Bezirk von Florida wurde von Bundesrichter Federico A. Moreno verkündet. Nach Darstellung der Kanzlei Rivero & Mestre, die Echevarría juristisch vertrat, handelt es sich um ein „historisches Urteil“ – nicht nur wegen der Höhe der Entschädigung, sondern vor allem wegen des Umstands, dass der Titel III des Helms-Burton-Gesetzes erstmals erfolgreich vor einer Jury angewandt wurde. Die beklagten Unternehmen hätten laut Gericht versäumt, Informationen über die Eigentumsverhältnisse der Hotels einzuholen. Während des Prozesses gab ein Mitarbeiter von Expedia zu Protokoll, dass es weder von Seiten der Muttergesellschaft noch der Tochterfirmen Bestrebungen gegeben habe, beim kubanischen Staat Dokumente über die rechtliche Situation der Grundstücke einzuholen. Auch mögliche Konsequenzen im Zusammenhang mit der Helms-Burton-Gesetzgebung seien vor der Aufnahme der Buchungsangebote nicht geprüft worden. Das Urteil dürfte weitreichende Folgen für Unternehmen haben, die in Kuba tätig sind oder mit kubanischen Partnern kooperieren. Zwar ist offen, ob Expedia in Berufung gehen wird – angesichts der Summe und der politischen Brisanz des Falls gilt ein solcher Schritt als wahrscheinlich. Expedia zählt mit einem Jahresumsatz von zuletzt mehr als 13 Milliarden US-Dollar zu den größten Akteuren im internationalen Online-Reisemarkt. Eine offizielle Stellungnahme des Unternehmens zum Urteil steht bisher aus. Das Helms-Burton-Gesetz, offiziell Cuban Liberty and Democratic Solidarity (LIBERTAD) Act of 1996, wurde unter der Präsidentschaft von Bill Clinton verabschiedet. Besonders der Titel III, auf den sich die jetzige Klage stützt, war jedoch über zwei Jahrzehnte ausgesetzt worden – vor allem aus Rücksicht auf diplomatische Beziehungen zu Verbündeten, deren Unternehmen ebenfalls in Kuba tätig sind. Erst unter der Regierung von Donald Trump wurde die Anwendung dieser Bestimmung im Jahr 2019 wieder ermöglicht. Seitdem können US-Bürger mit früherem Besitz in Kuba vor amerikanischen Gerichten Entschädigungen einklagen, wenn ausländische Unternehmen wirtschaftliche Aktivitäten auf ihrem früheren Eigentum entfalten. Der nun entschiedene Fall geht auf eine ursprüngliche Sammelklage aus dem Jahr 2019 zurück, in der mehrere kubanischstämmige US-Bürger Schadenersatz für Enteignungen in Varadero und Santa Cruz del Norte gefordert hatten. Nachdem diese Klage 2020 abgewiesen wurde, reichte Echevarría im Jahr 2023 eine Einzelklage ein, die nun zum Erfolg führte. Nach Einschätzung juristischer Beobachter könnte das Urteil als Präzedenzfall dienen. Zahlreiche kubanische Exilanten in den Vereinigten Staaten verfügen über dokumentierte Eigentumsansprüche aus der Zeit vor der Revolution und könnten sich durch das Urteil in ihrer Rechtsposition gestärkt sehen. Auch wirtschaftlich tätige Unternehmen dürften ihre Kuba-Strategien künftig verstärkt auf rechtliche Risiken hin überprüfen. Die Kanzlei Rivero & Mestre, die bereits in anderen Verfahren auf Basis des Helms-Burton-Gesetzes aktiv war, kündigte an, weitere Klagen prüfen zu wollen. Der Fall zeige, so die Anwälte, dass auch große Konzerne nicht vor Haftung gefeit seien, wenn sie ohne ausreichende rechtliche Prüfung von konfisziertem Eigentum profitierten. Ob das Urteil letztlich Bestand haben wird, ist offen. Klar ist jedoch, dass die Reaktivierung des Helms-Burton-Gesetzes neue politische und wirtschaftliche Spannungsfelder eröffnet – zwischen den Interessen von Exilkubanern, international agierenden Konzernen und der Regierung in Havanna.
Quelle: Law360 (https://t1p.de/ascsq)
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Text: Leon Latozke
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