Neues aus Kuba
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Nach landesweiten Protesten gegen hohe Datenpreise und eingeschränkten Internetzugang reagiert Etecsa mit neuen Angeboten: Ab sofort gelten ein zusätzlicher Datentarif von 2 GB für 1200 CUP sowie ein spezieller Tarif für Universitätsstudenten mit 6 GB für 360 CUP.
Die staatliche kubanische Telekommunikationsgesellschaft ETECSA hat inmitten wachsender öffentlicher Unzufriedenheit und nach landesweiten Protesten neuerliche Anpassungen ihrer Mobilfunktarife angekündigt. Mit Wirkung vom 20. Juni 2025 sind zwei neue Datenpakete verfügbar: ein Zusatzpaket für alle Nutzer sowie ein spezieller Tarif für Universitätsstudenten. Während ETECSA die Maßnahmen als Reaktion auf gesellschaftliche Bedürfnisse und wirtschaftliche Notwendigkeiten präsentiert, sehen viele Kubaner darin vor allem eine kosmetische Korrektur vorheriger, stark kritisierter Preiserhöhungen.
Zwei neue Tarife als Kompromisslösung Der neu eingeführte Tarif „Plan Adicional“ ermöglicht es Mobilfunkkunden, zusätzlich zu bereits bestehenden Paketen einmal pro Monat zwei Gigabyte (GB) Datenvolumen für 1200 kubanische Pesos (etwa 3 Euro zum informellen Wechselkurs) zu erwerben. Die Gültigkeit beträgt 35 Tage. Gleichzeitig richtet sich das Angebot „Plan Sectorial“ explizit an Universitätsstudenten. Für 360 Pesos erhalten sie einmal monatlich sechs zusätzliche Gigabyte. Der Zugang erfolgt über die App Transfermóvil sowie die Online-Dienste von ETECSA. Letzterer Plan setzt jedoch voraus, dass die Mobilfunkverträge der Studierenden korrekt registriert sind – ein komplexer und noch laufender Verwaltungsprozess, da viele Studierende ihre Verträge bereits als Minderjährige abgeschlossen hatten und diese formal nicht auf ihren Namen laufen. Die Universitäten arbeiten derzeit an der Erstellung entsprechender Listen. Sobald die Überprüfung abgeschlossen ist, erfolgt die Freischaltung per SMS. Reaktion auf massive Proteste Die neuen Tarife sind ein direktes Ergebnis wochenlanger Proteste, insbesondere von Studierenden, gegen die Ende Mai eingeführten Preiserhöhungen für Internetdienste. Eine eigens gebildete Arbeitsgruppe aus Vertretern von Hochschulen und ETECSA hatte mehr als 40 Vorschläge zur Verbesserung der Situation eingebracht. Das Unternehmen betont, die neuen Pläne seien das Ergebnis eines Dialogs mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die sich vor allem niedrigere Preise gewünscht hätten. Yusmany Rojas Pérez, stellvertretender Direktor der Handelsabteilung bei ETECSA, räumt allerdings ein, dass die neuen Angebote den Bedarf vieler Nutzer, insbesondere jener mit hohem Datenverbrauch, nicht vollständig decken können. Dennoch sei dies unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die einzige realisierbare Lösung. Ziel sei es, „den Aufbau einer digitalen Gesellschaft in Kuba zu unterstützen“ – trotz finanzieller Engpässe und infrastruktureller Herausforderungen. Positive Effekte – zumindest aus Sicht von ETECSA Laut offiziellen Angaben zeigt die Ende Mai eingeführte neue Tarifstruktur bereits erste positive Effekte. Statistische Auswertungen nach wenigen Tagen hätten einen „günstigen Einfluss“ auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ergeben, so Rojas Pérez. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnten weitere Maßnahmen folgen, etwa die Wiederaufnahme der Vermarktung von Nauta-Hogar-Internetzugängen oder die Verbesserung der alternativen Festnetztelefonie. Auch der Ersatz defekter Notstromsysteme – ein wachsendes Problem angesichts der instabilen Stromversorgung – werde dadurch wahrscheinlicher. Öffentliche Kritik bleibt laut Trotz der offiziellen Darstellung als Fortschritt und Reaktion auf die Bedürfnisse der Bevölkerung fällt die Resonanz vieler Kubaner verhalten bis ablehnend aus. Unabhängige Journalistinnen wie Yania Suárez werfen ETECSA eine gezielte Kommunikationsstrategie vor: Erst sei mit überhöhten Preisen ein Schock erzeugt worden, um dann vermeintlich verbesserte, aber dennoch unzureichende Angebote als Fortschritt zu verkaufen. „Das ist eine Strategie – erst überteuern, dann scheinbar nachgeben“, so Suárez. Kritiker warnen zudem, dass die Maßnahme weniger eine Antwort auf soziale Forderungen sei, sondern eher dem Ziel diene, die Kontrolle über die digitale Kommunikation zu behalten. „Man will verhindern, dass weiter berichtet wird, was in diesem Land geschieht“, so der unabhängige Journalist Luis Ángel Cuza Alfonso. Zwischen wirtschaftlichem Überlebenskampf und digitalem Anspruch ETECSA befindet sich in einer prekären wirtschaftlichen Lage. Nach Jahren in den roten Zahlen versucht das staatliche Monopolunternehmen, durch Preisanpassungen und strukturelle Reformen die finanzielle Basis zu stabilisieren. Der Druck aus der Bevölkerung, insbesondere durch digital vernetzte junge Menschen, zwingt das Unternehmen jedoch zu Kompromissen. Die jüngsten Maßnahmen markieren damit einen Balanceakt: Einerseits steht das Ziel im Raum, Investitionen in die marode Infrastruktur zu ermöglichen. Andererseits droht ETECSA, durch anhaltende Unzufriedenheit weiter an Legitimität zu verlieren – insbesondere unter jenen, die das Internet als Mittel der Meinungsäußerung und Teilhabe betrachten. So bleibt der jüngste Tarifkompromiss für viele ein fauler. Für andere immerhin ein kleiner Schritt in Richtung Zugänglichkeit. Doch das Grundproblem bleibt bestehen: In einem Land, in dem digitale Teilhabe zunehmend zur Voraussetzung gesellschaftlicher und ökonomischer Partizipation wird, sind hohe Datenpreise mehr als nur ein technisches Problem – sie sind ein soziales.
Quellen: Granma (https://t1p.de/twhej), Cubedabate (https://t1p.de/6za3s), Martí Noticias (https://t1p.de/shlhp)
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Text: Leon Latozke
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