Neues aus Kuba
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Nach heftiger Kritik an ihren neuen Mobilfunktarifen hat Kubas Telekommunikationsanbieter ETECSA weitreichende Änderungen angekündigt. Studierende erhalten künftig ein zusätzliches Datenpaket, und die Laufzeiten aller Pakete werden verlängert. Zudem wurde ein neuer Zwischentarif in Aussicht gestellt.
Kubas staatlicher Telekommunikationsanbieter ETECSA hat auf die massive Kritik an seinen Anfang Mai angekündigten neuen Mobilfunktarifen reagiert und am Montag, dem 3. Juni 2025, verschiedene Änderungen sowie zusätzliche Maßnahmen bekannt gegeben. Die Ankündigung folgt auf einen Sturm der Entrüstung, der sich insbesondere aus dem universitären Umfeld formiert hatte. In der TV-Sendung „Mesa Redonda“ kündigten ETECSA-Präsidentin Tania Velázquez Rodríguez und weitere Führungskräfte des Unternehmens gezielte Verbesserungen an – ein Schritt, der die Kommunikationspolitik des Monopolisten erstmals seit Jahren in Bewegung bringt.
Sonderkonditionen für Studierende Im Zentrum der Reformen steht ein spezielles Zusatzpaket für Universitätsstudenten. Neben dem bereits existierenden 6-GB-Grundpaket sollen registrierte Studierende künftig ein weiteres Paket mit 6 GB erhalten können. Für insgesamt 12 GB monatlich sollen sie 720 kubanische Pesos bezahlen – umgerechnet etwa zwei Euro nach dem informellen Wechselkurs. Das Angebot gilt ausschließlich für Studierende, die bei ETECSA als solche registriert sind. Parallel dazu sollen Bildungseinrichtungen auf breiter Front entlastet werden: Der Zugang zu wissenschaftlichen und pädagogischen Webseiten soll erleichtert, Inhalte auf der kubanischen Videoplattform Picta stärker gefördert und Rechenkapazitäten für Onlinejournale bereitgestellt werden. Darüber hinaus will ETECSA gezielt in die Infrastruktur von Hochschulen investieren, etwa durch bevorzugte Stromversorgung der dort eingesetzten Server – ein nicht unerheblicher Vorteil angesichts der anhaltenden Stromengpässe im Land. ETECSA-Vizepräsidentin Lidia Esther Hidalgo kündigte zudem eine pauschale Verlängerung der Gültigkeitsdauer aller Datenpakete von 30 auf 35 Tage an. Kunden sollen dadurch mehr Flexibilität erhalten und weniger unter Zeitdruck stehen, ungenutztes Datenvolumen zu verlieren. Neuer Tarifmodell – aber noch ohne Details Neben den Maßnahmen für Studierende und Bildungseinrichtungen kündigte ETECSA auch einen neuen, günstigeren Datentarif an, der unter dem bisherigen Einstiegspreis von 3360 CUP (umgerechnet etwa 8,50 Euro) liegen soll. Details zu Umfang und Preis sowie ein konkreter Starttermin wurden allerdings noch nicht bekanntgegeben. Der neue Tarif ist für Nutzer gedacht, die die reguläre Maximalaufladung bereits erreicht haben, jedoch zusätzlichen Bedarf haben. Insgesamt bleibt das Angebot kostenintensiv. Die teuersten Extrapakete kosten bis zu 11.760 CUP für 15 GB – das Doppelte des kubanischen Durchschnittslohns. Alternativ können auch Pakete in US-Dollar erworben werden: 10 USD für 4 GB bis zu 35 USD für 16 GB. Immerhin enthalten alle Pakete zusätzlich 300 MB, die ausschließlich für kubanische Websites nutzbar sind. Digitalisierung unter Druck Die Tarifanpassungen sind ein Versuch, ein Gleichgewicht zwischen wachsender Nachfrage, technischer Überlastung und finanziellen Zwängen herzustellen. Kommunikationsminister Ernesto Rodríguez Hernández schilderte die dramatische Entwicklung seit der Einführung von Mobildaten Ende 2018: Die Nutzerzahlen sind seither von 5,3 Millionen auf über 8 Millionen gestiegen, mehr als 7 Millionen davon nutzen regelmäßig mobile Daten. Dies hat nicht nur zur Digitalisierung vieler Lebensbereiche beigetragen – darunter Fernunterricht, Homeoffice und der Zugang zu Bildungsressourcen –, sondern auch den Druck auf die bestehende Infrastruktur massiv erhöht. Dem steht ein drastischer Rückgang der Einnahmen gegenüber: ETECSA habe das Jahr 2025 mit lediglich einem Viertel der Aufladungen von 2021 begonnen, so Präsidentin Velázquez. Ein erheblicher Teil der landesweit rund 5.000 Mobilfunkmasten verfüge derzeit nicht mehr über Notstrombatterien – ein Resultat von Devisenmangel und fehlenden Ersatzteilen. Die Ursachen dieser finanziellen Misere liegen laut ETECSA-Führung unter anderem in der US-Blockade. Diese zwingt Kuba, Telekommunikationsdienste zu überhöhten Preisen über Drittstaaten zu beziehen und Risikoprämien zu entrichten. Zudem hätten sich verschiedene Anbieter aus dem kubanischen Markt zurückgezogen, darunter auch ein wichtiger technischer Supportdienstleister. In dieser Lage habe man sich zu „einer komplexen und sensiblen, aber notwendigen Entscheidung“ durchgerungen, wie Rodríguez betonte. Es sei besser gewesen zu handeln, bevor der Mangel an Ressourcen zu einem umfassenden Kollaps geführt hätte. Kritischer Dialog mit der Bevölkerung ETECSA signalisiert, dass die angekündigten Änderungen nicht das Ende eines Prozesses, sondern den Auftakt zu einem strukturierten Dialog markieren sollen. Man habe Beschwerden aus verschiedenen Bildungseinrichtungen aufgenommen, Gespräche mit der Studentenvereinigung FEU und dem kommunistischen Jugendverband UJC geführt und sich intensiv mit den zuständigen Ministerien abgestimmt. Dabei seien nicht nur kurzfristige Maßnahmen diskutiert, sondern auch strukturelle Verbesserungen in Aussicht gestellt worden – allerdings vorbehaltlich finanzieller Spielräume. Die Äußerungen der ETECSA-Präsidentin lassen darauf schließen, dass das Unternehmen künftig sensibler auf die sozialen Folgen seiner Entscheidungen reagieren will. „Wir haben Schüler und Studenten verschiedener Bildungsstufen angehört“, sagte Velázquez. „Wir sind auf ihre Beschwerden über die Kommunikation der Maßnahmen eingegangen und werden Prioritäten setzen, sobald wir uns wirtschaftlich stabilisiert haben.“ Die ETECSA-Reaktion auf die öffentlichen Proteste zeigt, dass sozialer Druck in Kuba Wirkung zeigen kann – insbesondere, wenn er aus dem Bildungssektor kommt. Ob die angekündigten Maßnahmen ausreichen, um die zunehmend kritische Nutzerbasis zu besänftigen und die digitale Teilhabe breiter Bevölkerungsschichten zu sichern, bleibt allerdings abzuwarten. Der Druck auf das Unternehmen, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu finden, dürfte weiter wachsen.
Quelle: Cubadebate (https://t1p.de/bidl1)
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Text: Leon Latozke
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