Neues aus Kuba
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Im kubanischen Küstenort Jaimanitas hat der Künstler José Fuster mit „Fusterlandia“ ein einzigartiges Kunstprojekt geschaffen, das weit über dekorative Mosaike hinausgeht. Aus einem einfachen Fischerdorf wurde ein kulturelles Aushängeschild, das heute Touristen aus aller Welt anzieht. Doch das Projekt ist mehr als ein Touristenmagnet: Fusterlandia zeigt, wie Kunst soziale und wirtschaftliche Impulse setzen kann – inmitten von Krise und Wandel.
Am westlichen Stadtrand Havannas, im ehemals unauffälligen Fischerdorf Jaimanitas, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eines der eindrucksvollsten Kunstprojekte Kubas entwickelt: Fusterlandia. Der kubanische Künstler José Fuster hat mit unermüdlicher Arbeit ein gesamtes Stadtviertel in ein farbenfrohes Mosaikuniversum verwandelt, das inzwischen nicht nur als Touristenattraktion gilt, sondern auch als sozioökonomisches Modellprojekt – und als Sinnbild für kreative Resilienz in Zeiten tiefgreifender Krisen.
Vom Wohnhaus zum Gesamtkunstwerk
Ein Viertel als Leinwand – und als Signal
Das Projekt hat nicht Fusters Stil ist tief in der sogenannten „naiven Kunst“ verwurzelt: einfache Formen, leuchtende Farben und eine fast kindliche Perspektive prägen seine Werke. Doch trotz ihrer verspielten Ästhetik transportieren die Mosaiken eine vielschichtige Botschaft. Immer wieder tauchen Motive der kubanischen Revolution auf – rote Sterne, bekannte Slogans und Zitate von Dichtern und Revolutionären. Auch Fusters eigene politische Haltung ist unverkennbar: In einem Brief an Fidel Castro bezeichnete er sein Projekt als „kulturellen Schützengraben“.
Neben künstlerischen Inspirationen von Picasso, Antoni Gaudí und Constantin Brâncuși verarbeitet Fuster in seinen Arbeiten karibische Mythen, Naturthemen und Alltagsmotive. Seine Kunst ist bewusst lokal verankert, spiegelt aber globale Einflüsse wider – eine Verbindung, die Fuster durch Reisen nach Europa und zahlreiche internationale Ausstellungen vertiefte. Tourismus, Beschäftigung und Gemeinschaftsentwicklung
Fusterlandia ist nicht nur ein ästhetisches Statement, sondern auch ein wirtschaftlicher Impulsgeber. Mit den Erlösen aus seinen Kunstverkäufen – viele davon erzielt Fuster über Ausstellungen und den Verkauf von Bildern, Keramiken und Skulpturen – finanziert der Künstler Materialien und investiert in den Ausbau des Viertels. Touristen aus aller Welt – darunter Gäste aus Europa, Russland, Mexiko und den USA – strömen inzwischen in das einst unscheinbare Viertel. Laut Medienberichten besuchen durchschnittlich tausend Menschen pro Woche Fusterlandia.
Diese wachsende Aufmerksamkeit hat konkrete ökonomische Effekte: Die Besucher unterstützen lokale Händler, Cafés und kleine Betriebe. Neue Arbeitsplätze entstehen – nicht zuletzt durch Restaurierungsarbeiten, Führungen und Verkaufsmöglichkeiten rund um die Kunstlandschaft. In einem Land, das nach der Pandemie mit massivem Einbruch im Tourismussektor, hoher Inflation und dem dramatischen Wertverfall des kubanischen Peso zu kämpfen hat, wirkt Fusterlandia wie ein Leuchtturm. Die Pandemie hatte den kubanischen Tourismus hart getroffen. Während 2019 noch 4,4 Millionen Besucher gezählt wurden, waren es 2023 nur noch 2,4 Millionen. Auch im Jahr 2025 bleibt der Tourismus deutlich hinter früheren Zahlen zurück. Projekte wie Fusterlandia zeigen dennoch, wie alternative touristische Angebote und kreative Eigeninitiativen in einem wirtschaftlich angeschlagenen Land neue Perspektiven schaffen können. Kunst als Widerstand – und Hoffnung
Die Bedeutung von Fusterlandia reicht über die Grenzen Kubas hinaus. José Fuster, 1946 in der Provinz Villa Clara geboren, gilt heute als einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler Kubas. Nach seiner Ausbildung an der Escuela Nacional de Instructores de Arte arbeitete er in Malerei, Grafik, Keramik und Design. Er stellte in Städten wie Bukarest, Lyon, Neu-Delhi und Havanna aus, seine Werke befinden sich in renommierten Sammlungen wie dem Museo Nacional de Bellas Artes in Havanna oder dem Center for Cuban Studies in New York.
Trotz seiner internationalen Bekanntheit hat Fuster stets seine soziale und kulturelle Mission betont. Sein Ziel war nie die Elfenbeinturm-Kunst für Galerien, sondern die unmittelbare Verbindung zur kubanischen Lebensrealität. In einem Umfeld, das geprägt ist von Versorgungsengpässen, Auswanderungswellen und Perspektivlosigkeit, setzt Fuster mit seinem Projekt ein Zeichen für die transformierende Kraft der Kunst. Fazit: Ein Mosaik der Hoffnung
Fusterlandia ist weit mehr als ein touristisches Kuriosum oder ein Stadtverschönerungsprojekt. Es ist Ausdruck eines künstlerischen und sozialen Anspruchs, der sich konsequent über Jahrzehnte entfaltet hat. Es steht für die Möglichkeit, selbst unter widrigsten Bedingungen kreative Freiräume zu schaffen, Gemeinschaft zu fördern und wirtschaftliche Prozesse in Gang zu setzen.
Inmitten einer anhaltenden Krise fungiert Fusterlandia als Hoffnungsträger – nicht zuletzt, weil es zeigt, dass Wandel nicht immer von oben verordnet werden muss. Mit Mosaiksteinchen, Zement, Vision und Hartnäckigkeit hat José Fuster ein Viertel verändert – und mit ihm vielleicht auch ein Stück Kuba.
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Text: Leon Latozke
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