Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
![]()
Kubas Regierung hat die Gehälter für Beschäftigte im Gesundheits- und Bildungswesen angehoben. Zwar profitieren über 16.000 Fachkräfte von den Zuschlägen, doch angesichts der anhaltenden Inflation bleiben die finanziellen Verbesserungen begrenzt.
Kurz vor dem 1. Mai hat die kubanische Regierung eine Lohnerhöhung für Beschäftigte im Gesundheits- und Bildungswesen angekündigt. Die Maßnahme, die rückwirkend zum 1. Januar 2025 gilt, wurde offiziell in der Gaceta Oficial veröffentlicht und betrifft mehr als 16.000 Beschäftigte. Sie reiht sich ein in eine Serie von Gehaltsanpassungen, die inmitten einer tiefen Wirtschaftskrise erfolgen – mit begrenzter realer Wirkung.
Gezielte Zuschläge für Schlüsselbereiche Im Zentrum der neuen Regelung steht eine Ausweitung der bereits 2024 eingeführten Bonuszahlungen. Besonders profitieren sollen medizinische Fachkräfte in sensiblen Bereichen wie Anästhesie, Intensivmedizin, Neonatologie sowie Wiederbelebung – also jenen Sektoren, die nicht nur fachlich anspruchsvoll, sondern personell unterversorgt sind. Sie erhalten künftig einen Zuschlag von 100 Pesos pro Stunde für Nacht- und Wochenendarbeit. Zusätzlich wird eine leistungsbezogene Zulage von 20 Pesos pro Stunde gezahlt. Für Pflegekräfte in psychiatrischen Einrichtungen, Altenheimen und sonderpädagogischen Zentren sieht die neue Regelung einen pauschalen Zuschlag von 45 Prozent des Grundgehalts vor, was einem durchschnittlichen Plus von etwa 1.200 Pesos entspricht. Auch im Bildungsbereich wird differenziert: Je nach Dienstalter steigen die monatlichen Boni für Lehrpersonal und Forschende um 1.000 bis 3.000 Pesos. Ab dem 30. Berufsjahr kommen alle zwei Jahre weitere 400 Pesos hinzu. Nicht-unterrichtendes Personal erhält jeweils die Hälfte dieser Summen. Laut Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit profitieren 5.700 Personen im Bildungsbereich und 6.800 im Gesundheitssektor von den Maßnahmen. Die zusätzlichen Zahlungen summieren sich auf eine jährliche Belastung des Staatshaushalts von über einer Milliarde Pesos. Maßnahme mit begrenzter Wirkung Trotz dieser gezielten Lohnerhöhungen bleiben die strukturellen Probleme des kubanischen Lohnsystems bestehen. Nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde ONEI betrug das durchschnittliche Bruttogehalt staatlicher Beschäftigter im Jahr 2024 rund 5.839 Pesos – umgerechnet etwa 48 US-Dollar zum offiziellen Wechselkurs. Zwar wurde im Vorjahr eine nominale Lohnsteigerung von 25,6 Prozent verzeichnet, doch diese glich lediglich die offizielle Inflationsrate aus. Eine reale Kaufkraftsteigerung blieb weitgehend aus. Unabhängige Ökonomen wie Omar Everleny Pérez Villanueva gehen davon aus, dass die reale Versorgungslage deutlich kritischer ist: Um eine grundlegende Ernährung mit 17 Standardprodukten zu gewährleisten, müssten zwei Erwachsene etwa das Vierfache des durchschnittlichen Monatseinkommens aufbringen – trotz fortbestehender Rationierungssysteme. Auf dem informellen Markt, der in Kuba eine zentrale Rolle spielt, liegt die Inflation teilweise im dreistelligen Bereich. So kostet ein Karton Eier bis zu 3.500 Pesos – mehr als zwei Drittel des durchschnittlichen Monatseinkommens. Kein echter Richtungswechsel Ökonom Pedro Monreal verweist auf einen realen Kaufkraftverlust von 35,5 Prozent seit 2021. Die jetzige Reform sei demnach weniger als Anreiz zu verstehen, sondern vielmehr ein symbolischer Versuch, die dramatischen Folgen der Wirtschaftskrise abzufedern. In der Praxis bleibe die Wirkung jedoch gering: Die Zuschläge – etwa 7000 Pesos monatlich für Spezialärzte – bedeuten bei einem informellen Wechselkurs von etwa 400 Pesos pro US-Dollar lediglich rund 18 Euro zusätzlich. Hinzu kommt, dass diese Lohnerhöhungen – anders als in marktwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften – nicht durch Produktivitätszuwächse gedeckt sind. Vielmehr handelt es sich um fiskalische Maßnahmen, die durch die Druckerpresse gedeckt werden müssen. Experten warnen daher vor einer weiteren Anheizung der Inflation und einer zusätzlichen Entwertung des ohnehin geschwächten kubanischen Peso.. Soziale Spannungen und Abwanderung Die anhaltende wirtschaftliche Misere trägt auch zu einer zunehmenden gesellschaftlichen Erosion bei. Immer mehr Kubaner verlieren das Vertrauen in die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Systems. Die hohe Zahl an Ausreisewilligen, vor allem in Richtung der Vereinigten Staaten, sowie der boomende inoffizielle Handel mit Devisen und Konsumgütern, sind Ausdruck einer tiefgreifenden Systemkrise. In diesem Kontext wirkt die Lohnerhöhung – so sehr sie einzelne Berufsgruppen kurzfristig entlasten mag – wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie markiert keinen Richtungswechsel, sondern eher den nächsten symbolischen Schritt in einem System, das zunehmend an seine finanziellen und sozialen Grenzen stößt.
Quelle: Gaceta oficial/Cubadebate (https://t1p.de/f0ej9), Gaceta oficial/Download (https://t1p.de/p5mdx)
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |