Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
Die Gewaltkriminalität auf Kuba nimmt zu – das zeigen nicht nur aktuelle Statistiken, sondern auch mehrere Vorfälle mit ausländischen Touristen als Opfer. In Holguín wurden zwei deutsche Reisende überfallen, ein kanadischer Urlauber kam in Varadero bei einem Raub ums Leben.
Abbildung: Symbolbild National Revolutionary Police Lada Police Car in Trinidad von Martin Abegglen, Zuschnitt KUBAKUNDE, CC BY-SA 2.0
Kuba erlebt eine Zunahme an Gewaltkriminalität – ein Trend, der zunehmend auch ausländische Touristen betrifft. Besonders alarmierend sind zwei Vorfälle, die sich in den vergangenen Wochen ereigneten: Ein deutscher Tourist und seine Begleiterin wurden in Holguín Opfer eines gewaltsamen Raubüberfalls, ein kanadischer Urlauber kam in Varadero infolge eines Angriffs ums Leben. Beide Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die sich verschlechternde Sicherheitslage im Land, das auf internationale Besucher wirtschaftlich angewiesen ist.
Deutsches Touristenpaar in Holguín überfallen Einer Facebook-Mitteilung der kubanischen Aktivistin Irma Broek zufolge wurden zwei deutsche Staatsbürger – ein Mann und eine Frau – in der Stadt Holguín Opfer eines gewaltsamen Übergriffs. Die beiden wurden körperlich attackiert und ihrer persönlichen Gegenstände beraubt. Unter den entwendeten Objekten befanden sich auch Reisedokumente, die für die Rückkehr in ihr Heimatland notwendig sind. Der genaue Tatort wurde bislang nicht bekannt gegeben. Die Aktivistin bat die Bevölkerung um Mithilfe: Sollten Teile des Raubguts gefunden werden, insbesondere ein entwendeter Rucksack, sollen diese an eine Einheit der kubanischen Nationalpolizei (Policía Nacional Revolucionaria, PNR) übergeben werden. Die Polizei selbst hat sich zu dem Vorfall bislang nicht öffentlich geäußert. Auch Informationen über mögliche Ermittlungsfortschritte liegen nicht vor. Der Überfall reiht sich jedoch ein in eine Reihe ähnlicher Vorfälle, die in den vergangenen Monaten vermehrt gemeldet wurden – insbesondere in touristisch relevanten Regionen des Landes. Kanadischer Staatsbürger in Varadero getötet Bereits im März kam es in Varadero, dem bekanntesten Badeort Kubas, zu einem tödlichen Vorfall: Ein 42-jährige Kanadier aus Winnipeg, wurde dort Opfer eines Überfalls. Er erlitt eine tiefe Schnittwunde am Arm, die eine Hauptarterie verletzte. Trotz der schnellen Einlieferung in ein örtliches Krankenhaus verstarb Andrade kurz darauf. Die Tat ereignete sich laut Angaben seines Bruders unweit des Museo Viejo auf der bei Touristen beliebten Calle 59. Auch in diesem Fall fehlt bislang jede Spur eines Tatverdächtigen. Der Bruder kritisierte in einem Facebook-Post das aus seiner Sicht mangelhafte Engagement der kubanischen Behörden bei der Aufklärung des Verbrechens. Bisherige Reaktionen seien unzureichend gewesen, die Kommunikation mit der Familie unbefriedigend. OCAC: Gewaltkriminalität in Kuba nimmt deutlich zu Die genannten Vorfälle sind Teil einer besorgniserregenden Entwicklung. Das kubanische Observatorio Cubano de Auditoría Ciudadana (OCAC) veröffentlichte kürzlich Zahlen, die einen signifikanten Anstieg der Gewaltkriminalität auf der Insel belegen. Im Jahr 2024 wurden demnach 1.317 Straftaten registriert – 50,72 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark stiegen die Fälle von Raubüberfällen, deren Zahl sich im Vergleich zu 2023 um 232 Prozent erhöhte. Auch Körperverletzungen nahmen mit einem Anstieg von 97,1 Prozent deutlich zu. Andere Kategorien gewaltsamer Delikte stiegen sogar um 273,3 Prozent. Laut OCAC wurden 2024 im Durchschnitt 3,6 Delikte pro Tag registriert – gegenüber weniger als zwei Fällen täglich im Vorjahr. Besonders dramatisch fiel die Entwicklung im zweiten Halbjahr aus, in dem sich die durchschnittliche Tagesrate auf 4,83 erhöhte. Die Monate November und Dezember verzeichneten mit 214 beziehungsweise 230 Vorfällen die höchsten Fallzahlen. Das OCAC ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, die sich auf die systematische Erfassung und Analyse von Straftaten sowie auf Fragen der öffentlichen Verwaltung und Rechenschaftspflicht spezialisiert hat. In einem repressiven Umfeld, in dem offizielle Statistiken kaum zugänglich sind, bieten ihre Berichte eine seltene und unabhängige Perspektive auf die innere Sicherheitslage des Landes. Die Daten basieren auf einer Kombination aus direkten Berichten der Bevölkerung, digitalen Medienquellen und journalistischer Aufarbeitung. Regionale Schwerpunkte der Gewalt Die Kriminalität konzentriert sich dabei nicht gleichmäßig über das gesamte Land. Besonders stark betroffen waren im Jahr 2024 die Provinzen Matanzas, Santiago de Cuba, La Habana und Holguín. Matanzas wies die höchste Anzahl an Raubüberfällen auf. Santiago de Cuba verzeichnete mit 38 Fällen die meisten Tötungsdelikte, gefolgt von Havanna mit 32. In Holguín – dem Schauplatz des Überfalls auf das deutsche Touristenpaar – lagen die Fallzahlen bei Raub und Körperverletzung ebenfalls über dem Landesdurchschnitt. Diese Entwicklung hat nicht nur innenpolitische Relevanz, sondern betrifft auch die Außenwahrnehmung Kubas. Die Zunahme gewaltsamer Straftaten, insbesondere gegen ausländische Touristen, könnte das Image des Landes als sicheres Reiseziel nachhaltig beschädigen. Wirtschaftliche Risiken durch Imageverlust Für Kuba, das stark vom Tourismus abhängig ist, stellt die wachsende Unsicherheit ein ernstzunehmendes Problem dar. Der Sektor zählt zu den wichtigsten Devisenquellen des Landes. Bereits seit Jahren kämpft die Insel mit einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise, verschärft durch die Corona-Pandemie, US-Sanktionen und strukturelle Schwächen. Eine spürbare Verunsicherung internationaler Reisender könnte die ohnehin fragile wirtschaftliche Lage weiter verschärfen. Die Regierung in Havanna hat sich bislang nicht explizit zu den aktuellen Fällen geäußert. Auch auf internationaler Ebene blieb eine offizielle Reaktion aus. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die kubanischen Behörden bemüht sind, das Thema öffentlich möglichst zurückhaltend zu behandeln – zu groß ist das Risiko eines Imageschadens, der sich unmittelbar auf die Touristenzahlen auswirken könnte. Während diplomatische Konsequenzen ausbleiben, mehren sich die kritischen Stimmen von Angehörigen der Opfer. Der Vorwurf: mangelhafte Kooperation der Behörden, schleppende Ermittlungen und unzureichender Opferschutz. Besonders im Fall des getöteten Kanadiers zeigt sich, wie schwer sich die kubanische Seite mit Transparenz und Kommunikation tut. Für Reisende aus Europa bleibt Kuba trotz der jüngsten Vorfälle ein beliebtes Urlaubsziel – allerdings mit wachsender Vorsicht. Die Sicherheitslage ist, wie die aktuellen Zahlen belegen, nicht mehr mit den Verhältnissen vergangener Jahre vergleichbar. Auch das Auswärtige Amt in Berlin empfiehlt mittlerweile erhöhte Wachsamkeit in bestimmten Regionen der Insel. Ob die kubanische Regierung auf die Entwicklung reagiert – etwa durch eine Aufstockung der Polizeipräsenz, effizientere Strafverfolgung oder präventive Maßnahmen – bleibt abzuwarten. Ohne entschlossenes Handeln droht der Insel ein schleichender Vertrauensverlust, sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern als auch bei den Gästen, auf deren Devisen sie so dringend angewiesen ist.
Quellen:Irma Boeck/dacebook (https://t1p.de/ai28p), Winnipeg City News (https://t1p.de/xqe92), OCAC (https://t1p.de/3zsfb)
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |