Neues aus Kuba
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In einem Interview mit der spanischen Tageszeitung EL PAÍS hat die kubanische Sängerin Haydée Milanés in über ihr Exil in den USA, den Tod ihres Vaters Pablo Milanés, politische Repression und ihre künstlerische Neuorientierung gesprochen. Anlass des Gesprächs war die Veröffentlichung ihres neuen Songs „Duele“, den sie gemeinsam mit dem kubanischen Rapper El B produziert hat. Die Tochter der Liedermacher-Legende Pablo Milanés zeichnet in dem Gespräch ein persönliches, aber auch politisch eindringliches Bild vom Zustand ihres Heimatlandes.
Der Song „Duele“, was übersetzt so viel wie „Es schmerzt“ bedeutet, ist ein musikalischer Ausdruck der Trauer, der Wut und der Hoffnung, den Haydée Milanés als „eine Art Gebet“ beschreibt – an Gott, an die Schutzheilige Kubas, Oshún, aber auch als Appell für ein freies Kuba. Es sei ein Werk, das mit „Kraft, Sehnsucht und dem Wunsch nach Freiheit“ aufgeladen sei. Gemeinsam mit El B, einst Teil des regimekritischen Rap-Duos Los Aldeanos, habe sie ein Lied geschaffen, das gleichermaßen ein Ruf nach Veränderung und ein Zeichen der Verbundenheit mit ihrer Heimat ist. Milanés, die seit 2022 im Exil in Miami lebt, sprach in dem Interview offen über den Schmerz, der sie begleitet: Der Tod ihres Vaters, ihre erzwungene Ausreise, das Zurücklassen ihrer kranken Mutter auf der Insel – aber vor allem der Zustand Kubas selbst. „Es schmerzt mich, zu sehen, wie mein Land jeden Tag mehr zerstört wird“, sagt sie. Besonders schmerze sie der Verfall ihrer Heimatstadt Havanna, einst Ort tiefer Verbundenheit, nun Symbol für Verfall, Armut und Perspektivlosigkeit. Sie beschreibt ein Kuba, das von einer Regierung dominiert werde, die ihre Bürger übersehe, unterdrücke und verfolge. „Es gibt keine soziale Gerechtigkeit, keine Rechte, keinen Respekt“, so Milanés. Wer seine Meinung sage, riskiere Sanktionen, Gefängnis, soziale Ausgrenzung. Dieses Klima der Angst habe letztlich auch ihre Karriere auf der Insel erstickt. Wie Milanés gegenüber EL PAÍS berichtet, sei sie über Jahre hinweg subtil aus dem offiziellen Kulturbetrieb gedrängt worden. Zwar habe es nie ein ausdrückliches Berufsverbot gegeben, doch aus vertraulichen Quellen erfuhr sie, dass ihr Name auf einer Art „schwarzer Liste“ innerhalb der staatlichen Medien stand. Konzerttouren wurden abgesagt, Auftritte im Fernsehen verweigert, logistische Unterstützung für landesweite Tourneen blieb aus – unter fadenscheinigen Begründungen. Besonders seit sie öffentlich ihre Kritik an der Regierung äußerte und sich weigerte, für Parteiveranstaltungen oder symbolisch aufgeladene Konzerte wie jene für die „Cuban Five“ zu singen, seien die Hürden gewachsen.
Auch persönliche Erfahrungen spielten eine Rolle bei ihrer politischen Bewusstwerdung. Der schmerzhafte Wandel ihres Vaters vom glühenden Anhänger der Revolution zum ernüchterten Kritiker habe sie geprägt. Pablo Milanés habe in jungen Jahren an die Ideale der Revolution geglaubt – soziale Gerechtigkeit, Teilhabe, nationale Würde. Doch mit der Zeit habe sich dieser Glaube in Desillusion verwandelt. „Mein Vater starb mit dem Schmerz, für etwas gesungen zu haben, das sich als Täuschung entpuppte“, sagte sie.
Milanés beschreibt das Exil als existenziellen Bruch. Der Umzug nach Miami bedeutete für sie den Verlust der Heimat, aber auch die Chance auf einen Neuanfang. Dort, in der Diaspora, habe sie nach fast einem Jahrzehnt wieder ein Musikvideo aufgenommen – eine symbolische Wiedergeburt. Der Song „Duele“ sei dabei auch ein emotionales Ventil, ein Versuch, ihre Erfahrungen als Künstlerin, Tochter, Mutter und Bürgerin zu verarbeiten. Besonders bewegend ist die Schilderung ihrer Beziehung zur Mutter, die sie krank in Kuba zurücklassen musste. „Meine Heimat ist meine Mutter und meine Mutter ist ein Teil meiner Heimat“, sagt Milanés. Diese Trennung sei einer der Gründe gewesen, warum sie so lange gezögert habe, das Land zu verlassen. Doch letztlich habe sie gefürchtet, „zerstört zu werden – psychisch und physisch“. Trotz aller Distanz bleibt Haydée Milanés mit Kuba verbunden. Die Idee einer Rückkehr ist ambivalent: Sie wolle nicht in ein repressives System zurückkehren, das Künstler wie sie zum Schweigen bringe. Doch sie hoffe auf ein anderes Kuba – ein freies, demokratisches, gerechtes Land. „Ich will ein Teil davon sein, dieses Kuba neu aufzubauen“, sagt sie. Ein Land mit Wohlstand, Hoffnung, Rechtstaatlichkeit – und mit politischen Alternativen. Ein Kuba ohne jene, „die dem Volk den Rücken gekehrt haben“. Mit dem Song „Duele“ hat Haydée Milanés nicht nur ein musikalisches Comeback gewagt. Sie hat auch ein Statement gesetzt – künstlerisch, politisch und persönlich. Es ist ein Appell, ein Aufschrei, ein Zeichen von Verbundenheit in der Ferne. Und eine Erinnerung daran, dass auch Exil ein Ort des Widerstands sein kann.
Quelle: EL PAÍS (https://t1p.de/zi1k0)
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Text: Leon Latozke
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