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Der Baseball verliert zunehmend an Bedeutung auf Kuba, insbesondere bei der jungen Generation Während der traditionelle Nationalsport zunehmend an Attraktivität verliert, punktet Fußball mit einfacher Zugänglichkeit und globalen Stars, was einen tiefgreifenden Wandel in der kubanischen Sportkultur zur Folge hat.
Foto vom 27. März 2025 von Jungs beim Fußballspielen in einem Park in Havanna, Kuba. (Bildquelle: EFE © EFE/ Ernesto Mastrascusa)
Kubas Nationalsport unter Druck: Fußball verdrängt Baseball aus dem Alltag der Jugend
Wie die Nachrichtenagentur EFE berichtet, verliert der Baseball auf Kuba zunehmend an Bedeutung – besonders bei der jungen Generation Der Baseball gilt seit über einem Jahrhundert als Nationalsport Kubas. Die „Pelota“, wie der Sport auf der Insel genannt wird, ist tief mit der Geschichte, der Identität und der Kultur des Landes verwoben. Doch diese Vormachtstellung gerät zunehmend ins Wanken. Wie die spanische Nachrichtenagentur EFE jetzt berichtet, verliert der Baseball insbesondere bei jungen Kubanerinnen und Kubanern an Anziehungskraft. Stattdessen etabliert sich der Fußball zunehmend als dominierende Sportart im Alltag der Jugend. Im traditionsreichen Estadio Latinoamericano in Havanna ist die Szenerie sinnbildlich: Noch während des Spiels verlassen Jugendliche ihre Plätze. Der Grund? Der Anpfiff einer Partie des FC Barcelona steht bevor. Szenen wie diese verdeutlichen einen tiefgreifenden kulturellen Wandel im Sportverhalten der Kubaner. Wo früher Baseballfelder pulsierende Treffpunkte der Bevölkerung waren, bleiben heute oftmals nur leere Tribünen zurück. Der Zugang zu Fußball ist einfach, die Identifikation mit internationalen Stars wie Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi groß. Fußball wird konsumiert und gespielt – oftmals unter einfachsten Bedingungen und mit improvisierten Mitteln. Fußball als Sport der Straße Der Wandel zeigt sich nicht nur im Zuschauerverhalten, sondern auch im Straßenbild. Jugendliche in Havanna tragen Trikots europäischer Klubs, in Stadtbussen hängen Schals von Real Madrid oder dem FC Barcelona. In Parks und auf Brachflächen dominieren Fußballspiele das Geschehen. Kinder spielen barfuß, improvisierte Tore ersetzen standardisierte Sportanlagen. Die Hürden für die Ausübung der Sportart sind gering: Ein Ball genügt. Im Vergleich dazu erscheint Baseball vielen Jugendlichen als aufwendiger – Handschuhe, Schläger, spezielle Bälle und Spielfelder sind notwendig. Gegenüber EFE erläutert der 16-jährige Ernesto, dass fast alle seiner Freunde Fußball bevorzugen. Baseball sei schlicht schwieriger zu organisieren. Der 14-jährige Eric ergänzt, in seiner Schulklasse begeisterten sich nur noch wenige für den traditionellen Nationalsport. Diese Aussagen sind symptomatisch für eine Entwicklung, die sich über Jahre abgezeichnet hat. Untersuchungen fehlen – aber der Trend ist sichtbar Konkrete Zahlen zur Zuschauerentwicklung liegen nicht vor. Alejandro Rodríguez, Sportjournalist beim kubanischen Fernsehen, gibt gegenüber EFE an, keine offiziellen Studien zur Popularität von Baseball und Fußball zu kennen. Dennoch hält er die Tendenz für eindeutig. Vor allem bei unter 35-Jährigen habe sich der Fußball mittlerweile durchgesetzt, während ältere Generationen dem Baseball weiter verbunden blieben. Auch geografische Unterschiede seien erkennbar: In der Hauptstadt Havanna sei der Wandel deutlicher spürbar als in anderen Landesteilen. Ein Sport mit Geschichte Die kulturelle Bedeutung des Baseballs auf Kuba ist kaum zu überschätzen. Historiker datieren seine Einführung auf etwa 1860 – durch in den USA ausgebildete Kubaner und amerikanische Seeleute. Im Kontext der Unabhängigkeitsbewegungen wurde der Baseball zu einem antikolonialen Symbol: Die spanische Kolonialverwaltung verbot das Spiel zeitweise, da es als „antiespanisch“ und „aufständisch“ galt. Nach der Revolution von 1959 blieb Baseball ein integraler Bestandteil der staatlichen Kulturpolitik. 2021 wurde der Sport schließlich zum „Kulturerbe der Nation“ erklärt. Umso bedeutender ist der nun zu beobachtende Bedeutungsverlust. Besonders die anhaltende Abwanderung von Spitzensportlern hat das Niveau in der heimischen Liga nachhaltig geschwächt. Zwischen 2016 und 2022 verließen laut der staatlichen Zeitung Trabajadores insgesamt 635 Baseballspieler das Land – viele davon während internationaler Wettkämpfe oder über illegale Routen. Ziel ist zumeist ein Engagement in der Major League Baseball (MLB) in den USA, die als sportlicher und wirtschaftlicher Höhepunkt gilt und in der in Saison 2025 stehen erstmals 26 kubanische Spieler in den Kadern der Teams stehen- ein neuer Rekord. Verlorene Vorbilder Die Abwanderung bringt nicht nur sportliche, sondern auch mediale Konsequenzen mit sich. Spiele der MLB werden vom staatlichen kubanischen Fernsehen nicht übertragen. Die einstigen Idole bleiben dem heimischen Publikum weitgehend verborgen. Im Gegensatz dazu werden Begegnungen der spanischen Fußball-Liga regelmäßig ausgestrahlt – Real Madrid, FC Barcelona und Atlético Madrid sind feste Größen im Fernsehprogramm und im Bewusstsein junger Kubaner. Diese Asymmetrie erschwert es dem Baseball, neue Identifikationsfiguren zu etablieren. Denilson Pino, 23 Jahre alt und Platzanweiser im Estadio Latinoamericano, nennt den kubanischen MLB-Star Yulieski Gurriel als sein Idol – hat jedoch kaum Gelegenheit, ihn spielen zu sehen. Auf die Frage, ob er Gurriel oder Cristiano Ronaldo bevorzuge, antwortet er ohne Zögern: „CR7“. Ein Strukturproblem Der Bedeutungsverlust des Baseballs lässt sich nicht allein mit veränderten Vorlieben der Jugend erklären. Vielmehr spiegeln sich in der Entwicklung auch strukturelle und politische Versäumnisse. Die staatliche Förderung des Baseballs wirkt anachronistisch, während der Fußball von außen in den Alltag drängt – getragen von globaler Popkultur, medialer Omnipräsenz und einfacher Zugänglichkeit. Die traditionelle Rolle des Baseballs als Symbol des kubanischen Selbstverständnisses verliert an Strahlkraft. Gleichzeitig bleibt offen, wie sich die Entwicklung langfristig auf die nationale Identität und die Kulturpolitik auswirken wird. Der Wandel in den Vorlieben der jungen Generation könnte die Rolle des Sports auf Kuba grundlegend verändern – sowohl im gesellschaftlichen Selbstbild als auch in der internationalen Wahrnehmung. Nach Ansicht von EFE steht der kubanische Baseball vor einem tiefgreifenden Umbruch. Die Sportart, die einst für Widerstand, Identität und Stolz stand, verliert vor allem bei jungen Menschen rapide an Bedeutung. Der Fußball füllt diese Lücke – mit globaler Ausstrahlung, medialer Präsenz und pragmatischer Zugänglichkeit. Noch ist der Baseball institutionell verankert, historisch aufgeladen und politisch gewollt. Doch die Realität auf den Straßen Kubas spricht eine andere Sprache. Der Nationalsport gerät unter Druck – und mit ihm ein zentrales Element kubanischer Kulturgeschichte.
Quelle: EFE (https://t1p.de/wunqn)
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Text: Leon Latozke
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