Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
![]()
Kuba erlebte 2024 eine der schwersten Krisen seiner Geschichte. Wirtschaftliche Stagnation, eine akute Energiekrise und Naturkatastrophen erschüttertenn die Karibikinsel, während politische Spannungen und eine neue Migrationswelle die Herausforderungen verschärften. Präsident Miguel Díaz-Canel spricht von einem Jahr der „extremen Herausforderungen“. Kann das System unter diesen Bedingungen überleben, oder steht Kuba vor einem Wendepunkt?
Das Jahr 2024 stellte Kuba vor eine Reihe beispielloser Herausforderungen. Naturkatastrophen, eine chronische Energiekrise, eine stagnierende Wirtschaft und zunehmende politische Spannungen prägten das Jahr. Während sich das Land auf 2025 zubewegt, sind die Aussichten von Unsicherheit geprägt, insbesondere nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, was eine Verschärfung der Beziehungen zwischen beiden Ländern erwarten lässt.
Wirtschaft im "Kriegszustand" Bereits zu Jahresbeginn sprach die kubanische Regierung von einer "Kriegswirtschaft" – ein Begriff, der die Schwere der wirtschaftlichen Lage unterstreichen sollte. Ziel war es, die öffentliche Akzeptanz für zentrale Steuerungsmaßnahmen zu erhöhen. Die Entlassung des Ministers für Wirtschaft und Planung, Alejandro Gil Fernández, im Februar sowie die nachfolgende Untersuchung wegen angeblicher Misswirtschaft sorgten für Schlagzeilen. Gil war insbesondere für umstrittene Reformen wie die Öffnung des Devisenmarktes und die ineffektive "Tarea Ordenamiento" verantwortlich, die zu einer massiven Preisinflation führte. Die wirtschaftliche Talfahrt setzte sich auch 2024 fort. Trotz Maßnahmen wie der Einführung von Steuererleichterungen auf bestimmte Importgüter und der Festlegung von Preisobergrenzen war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) weiter rückläufig. Während offizielle Stellen von einem moderaten Minus von 1–2 Prozent ausgingen, bezifferten unabhängige Experten den Rückgang auf bis zu 5 Prozent. Der Anstieg der Inflationsrate auf rund 28 Prozent und die stagnierende Produktivität vertieften die soziale und wirtschaftliche Krise. Präsident Miguel Díaz-Canel sprach von einem Jahr der „extremen Herausforderungen“ und betonte: „Mit der Geschichte, die uns vorausgeht, und dem Volk, das wir haben, ist die einzige Alternative, immer bis zum Sieg zu kämpfen“, betonte Díaz-Canel. Naturkatastrophen Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Problemen wurde Kuba 2024 von mehreren Naturkatastrophen heimgesucht. Hurrikan Oscar traf als Kategorie-1-Sturm die östliche Nordküste Kubas. Trotz seiner vergleichsweise geringen Stärke führte der Sturm zu landesweiten Stromausfällen und beeinträchtigte die Infrastruktur erheblich. Anfang November erreichte der Hurrikan Rafael als Kategorie-3-Sturm den Westen Kubas. Der Sturm verursachte schwere Schäden, darunter Stromausfälle und Überschwemmungen, und führte zu einem landesweiten Stromausfall. Auch Erdbeben erschütterten die Insel – ein eher seltenes Phänomen in der Region, das jedoch in diesem Jahr öfter auftrat. Am 10. November 2024 ereignete sich ein Erdbeben der Magnitude 6,8 südlich von Bartolomé Masó in der Provinz Granma. Dieses Beben verursachte erhebliche Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, darunter zerstörte Häuser, beschädigte öffentliche Gebäude und Stromausfälle. Am 23. Dezember 2024 folgte ein weiteres starkes Erdbeben der Magnitude 5,9 südlich von Guisa, ebenfalls in der Provinz Granma. Dieses Beben führte zu Erdrutschen, beschädigten Häusern und weiteren Stromausfällen. Die Regierung reagierte mit humanitärer Hilfe und internationaler Unterstützung. Doch die ohnehin angeschlagene Wirtschaft hatte große Schwierigkeiten, den Wiederaufbau zu finanzieren. Viele Menschen verloren ihr Hab und Gut, einige gar ihre Lebensgrundlage, was die ohnehin hohe Migration weiter anheizte. Chronische Energieprobleme Eine der zentralen Herausforderungen war die anhaltende Energiekrise. Langanhaltende Stromausfälle beeinträchtigten sowohl das Alltagsleben als auch die industrielle Produktion erheblich. Die Ursache lag in der mangelnden Wartung der veralteten thermischen Kraftwerke sowie in der sinkenden Ölversorgung durch Venezuela. Diese fiel auf nur noch 30.000 Barrel pro Tag, ein Drittel der Lieferung von 2011. Gleichzeitig machte die kubanische Regierung das US-Embargo für die unzureichende Modernisierung der Energieinfrastruktur verantwortlich. Der wirtschaftliche Schaden war erheblich: Produktionsausfälle in der Industrie führten zu steigenden Arbeitslosenzahlen und verschärften die soziale Unzufriedenheit. Proteste gegen die Energiepolitik wurden laut, insbesondere nachdem die Regierung im November ankündigte, dass neue Unternehmen verpflichtet werden, 50 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken. Bestehenden Unternehmen wurden drei Jahre zur Anpassung eingeräumt, ein ambitioniertes Ziel angesichts der aktuellen Infrastruktur. Tourismus als schwächelnder Hoffnungsträger Der Tourismus, traditionell ein Schlüsselsektor der kubanischen Wirtschaft, konnte sich auch 2024 nicht erholen. Bis Oktober besuchten lediglich 1,8 Millionen Touristen die Insel, ein Rückgang von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Zahlen liegen weit unter den Werten vor der Pandemie, als mehr als 4 Millionen Besucher jährlich nach Kuba kamen. Die unzureichende Energieversorgung, ein mangelhaftes Serviceangebot und die politische Instabilität trugen zur Abkehr vieler Reisender bei. Demografischer Exodus Parallel zur wirtschaftlichen Stagnation verstärkte sich der Auswanderungstrend. Im Fiskaljahr 2024 emigrierten über 217.000 Kubaner in die Vereinigten Staaten, ein Anstieg um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele suchten aufgrund von Lebensmittel- und Medikamentenknappheit sowie der generellen Perspektivlosigkeit Zuflucht im Ausland. Erstmals sank die Bevölkerung Kubas unter die Marke von 10 Millionen, was weitreichende Folgen für die Wirtschaft hatte. Der Verlust qualifizierter Arbeitskräfte verschärfte die ohnehin bestehende Produktivitätskrise und belastete die sozialen Sicherungssysteme. Politische Spannungen und die Rückkehr von Trump Das Erdbeben in Kuba im November, das erhebliche Schäden verursachte, war nicht das Einzige, was die Insel in dieser Woche erschütterte. Gleichzeitig gewann Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen, was die politischen Spannungen mit Kuba zusätzlich erhöhte. Trump, der bereits in seiner ersten Amtszeit die Beziehungen zu Kuba durch Reisebeschränkungen und Sanktionen verschärfte, könnte in seiner neuen Amtszeit einen noch härteren Kurs einschlagen. Besonders die Ernennung des Kuba-kritischen Senators Marco Rubio zum Außenminister löste Besorgnis aus. Rubio gilt als Befürworter scharfer Sanktionen und könnte den Druck auf die kubanische Regierung weiter erhöhen. Fehlende internationale Unterstützung Die internationale Isolation Kubas bleibt ein zentrales Problem. Während Länder wie Russland, China und Venezuela weiterhin wichtige Partner sind, ist ihr Einfluss begrenzt. Die Abhängigkeit von Venezuela macht Kuba anfällig für dessen wirtschaftliche Probleme. Experten sehen in tiefgreifenden Wirtschaftsreformen eine mögliche Lösung, um Glaubwürdigkeit und Investitionen zurückzugewinnen. Eine Annäherung an die USA wird jedoch als unwahrscheinlich angesehen, solange keine substantiellen Reformen erfolgen. Fazit: Ein schwieriger Weg voraus Kuba steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation, politischer Isolation und sozialer Unzufriedenheit stellt die Regierung vor immense Herausforderungen. Ohne tiefgreifende Reformen und eine Diversifizierung der internationalen Beziehungen scheint ein Ausweg aus der Krise kaum möglich. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Kuba in der Lage sein wird, den Teufelskreis aus Armut und Instabilität zu durchbrechen, oder ob das Land weiterhin in der Krise verharren wird.
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |