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Kuba erlebt einen dramatischen demografischen Wandel: Die Bevölkerungszahl sinkt rapide, während der Anteil älterer Menschen stetig wächst. Laut offiziellen Zahlen ist die Einwohnerzahl auf unter zehn Millionen gesunken, begleitet von einer historisch niedrigen Geburtenrate.
Die demografische Entwicklung Kubas hat einen kritischen Punkt erreicht: Die Bevölkerung schrumpft rapide, während der Anteil älterer Menschen stetig wächst. Nach einem Bericht der spanischen Tageszeitung El País belegen die jüngsten Zahlen des Nationalen Statistikamts (ONEI) einen drastischen Einbruch der Geburtenrate sowie eine zunehmende Alterung der Gesellschaft.
Laut dem stellvertretenden Leiter von ONEI, Juan Carlos Alfonso Faga, ist die Bevölkerung des Landes erstmals seit Jahrzehnten auf unter zehn Millionen gesunken. Während Kuba in der Vergangenheit eine stabile Einwohnerzahl von etwa elf Millionen hatte, lag die Bevölkerung Ende 2024 nur noch bei 9,7 Millionen. Allein im Jahr 2024 verlor das Land rund 300.000 Einwohner. Doch manche Experten, wie der Demograf Juan Carlos Albizu-Campos, gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl noch niedriger ist und nur noch etwa 8,6 Millionen Menschen auf der Insel leben. Ein dramatischer Einbruch der Geburtenzahlen Besonders alarmierend ist der Einbruch der Geburtenrate: Im Jahr 2024 kamen nur noch 71.000 Kinder zur Welt, 19.075 weniger als im Vorjahr. Bereits 2023 war die Zahl der Geburten mit 90.300 deutlich gesunken, verglichen mit 105.616 im Jahr 2020. Diese Entwicklung folgt einem längerfristigen Trend: Die Fertilitätsrate in Kuba liegt bereits seit 1978 unter dem Reproduktionsniveau von zwei Kindern pro Frau. Diese Zahlen bestätigen, dass immer weniger Kubanerinnen bereit sind, Kinder zu bekommen. Die Ursachen sind vielfältig: Wirtschaftliche Unsicherheit, eine marode Gesundheitsversorgung, prekäre Wohnverhältnisse und fehlende Zukunftsperspektiven halten viele junge Menschen davon ab, eine Familie zu gründen. Hinzu kommt die massive Abwanderung, die insbesondere jüngere Menschen betrifft. Migration verändert die Gesellschaftsstruktur Die anhaltende wirtschaftliche Krise hat in den vergangenen Jahren eine neue Auswanderungswelle ausgelöst. Viele junge Erwachsene, darunter eine überproportional hohe Anzahl von Frauen, verlassen die Insel in Richtung USA oder andere Länder. UN-Daten zufolge wandern aktuell rund 133 Frauen auf 100 Männer aus, wodurch sich die demografische Zusammensetzung der Bevölkerung zusätzlich verschiebt. Die Folgen dieser Abwanderung sind gravierend: Zurück bleiben vor allem ältere Menschen, oft ohne familiäre Unterstützung. Dieses Phänomen beschreibt Albizu-Campos als das "Muster von alleinstehenden Großeltern mit alleinstehenden Kindern." Junge Eltern migrieren oft allein, um sich zunächst in den Aufnahmeländern zu etablieren, während ihre Kinder oder älteren Angehörigen auf der Insel zurückbleiben. Eine der ältesten Gesellschaften Lateinamerikas Heute ist Kuba eines der am stärksten überalterten Länder Lateinamerikas. Bereits jetzt sind mehr als 25 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich weiter verschärfen: Bis 2030 wird dieser Anteil auf etwa 30 % steigen. Während die Zahl der Menschen unter 15 Jahren um 6 % gesunken ist, hat sich die erwerbsfähige Bevölkerung zwischen 15 und 59 Jahren um fast 12 % verringert. Diese Entwicklung stellt die kubanische Gesellschaft vor immense Herausforderungen. Ministerpräsident Manuel Marrero bezeichnete die Situation als "komplex" und räumte ein, dass der Rückgang der arbeitenden Bevölkerung direkte Auswirkungen auf die ohnehin angeschlagene Wirtschaft hat. Die schrumpfende Erwerbsbevölkerung bedeutet weniger Steuereinnahmen, eine zunehmende Belastung der Sozialsysteme und eine Verschärfung der ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Lage. "Altern ist kein Problem, aber die Bedingungen sind es" Die wachsende Zahl alter Menschen in Kuba ist nicht grundsätzlich problematisch. Entscheidend ist, unter welchen Bedingungen dieser Prozess stattfindet. Die Soziologin Elaine Acosta González, Direktorin des Cuido60-Observatoriums für Altern, Pflege und Rechte, erklärte gegenüber El País, dass Kuba zwar seit Langem mit der Überalterung seiner Gesellschaft konfrontiert sei, jedoch unter immer schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen. Viele ältere Kubaner stehen vor enormen Herausforderungen:
Diese Bedingungen machen das Altern in Kuba zunehmend problematisch. Acosta González warnt davor, das Problem zu unterschätzen: "Die Regierung versucht, den Trend zu verharmlosen und als Triumph des Lebens über den Tod zu feiern. Doch in Wahrheit werden die systemischen Krisen der kubanischen Gesellschaft ignoriert." Fehlende politische Antworten Obwohl die kubanische Regierung den demografischen Wandel anerkennt, mangelt es an gezielten Maßnahmen zur Bewältigung der Krise. Während Experten einen deutlichen Anstieg der Geburtenrate als einzige Lösung sehen, gibt es kaum Anreize für junge Familien. Zudem werden die Herausforderungen der alternden Bevölkerung nicht ausreichend adressiert. Laut Acosta González erfordert die Situation einen strukturellen Wandel und eine Demokratisierung der kubanischen Gesellschaft, um eine effektive Sozialpolitik zu entwickeln. Ohne tiefgreifende Reformen wird sich die Lage weiter zuspitzen. Ein Land im Wandel Kuba steht vor einer der größten demografischen Herausforderungen seiner Geschichte. Die sinkenden Geburtenzahlen, die massive Abwanderung junger Menschen und die alternde Bevölkerung könnten die wirtschaftliche und soziale Krise des Landes weiter verschärfen. Ohne umfassende politische Antworten droht eine Zukunft, in der eine überalterte Gesellschaft mit einer maroden Wirtschaft kollidiert – mit kaum absehbaren Folgen.
Quelle: El País (https://t1p.de/on2bl)
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Text: Leon Latozke
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