Neues aus Kuba
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Der Wohnungsbau auf Kuba ist im Jahr 2024 massiv eingebrochen: Mit nur 7.427 fertiggestellten Einheiten wurde nicht einmal die Hälfte des Plans erreicht. Während die Regierung weiterhin in den Tourismussektor investiert, verschärfen wirtschaftliche Krise, Inflation und Ressourcenknappheit die Lage der Bevölkerung.
Abbildung: Pedro Szekely from Los Angeles, USA, Cuba (33051350992), Zuschnitt KUBAKUNDE, CC BY-SA 2.0
Laut einem aktuellen Bericht des Nationalen Statistikamts ONEI sank der Wohnungsbau im Jahr 2024 um 54 Prozent im Jahresvergleich, mit insgesamt 7.427 Häusern im Vergleich zu 16.065 im Jahr 2023, Damit wurden von den ursprünglich geplanten 13.492 neuen Wohneinheiten nur 55 Prozent gebaut. Der Rückschlag beim Wohnungsbau ist ein weiterer Beleg für die sich vertiefende strukturelle und wirtschaftliche Krise auf der sozialistisch regierten Karibikinsel.
Massive Verfehlung der Wohnbauziele Die neuesten Zahlen belegen, dass die angestrebte Entlastung des ohnehin angespannten Wohnungsmarkts kaum vorankommt. Besonders drastisch ist die Entwicklung im landesweiten Vergleich: Während die Provinz Holguín im Osten mit 1.281 fertiggestellten Einheiten noch die Spitzenposition einnimmt, wurden im Sonderverwaltungsgebiet Isla de la Juventud lediglich 39 neue Wohnungen gebaut. Diese Zahlen stehen in eklatantem Widerspruch zu den selbstgesteckten Zielen der kubanischen Regierung. Bereits 2018 hatte Havanna ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm vorgestellt, mit dem das Defizit von damals rund 930.000 fehlenden Wohneinheiten innerhalb von zehn Jahren vollständig behoben werden sollte. Der Plan sah vor, 402.000 bestehende Wohnungen zu sanieren und 527.000 neu zu errichten. Heute – sieben Jahre später – beziffern die Behörden den Mangel immer noch auf 856.500 Wohnungen. Der Rückgang gegenüber 2018 fällt damit erschreckend gering aus. Luxus statt Lebensraum? Kritik kommt seit Jahren von unabhängigen Ökonomen und Regierungskritikern: Die Prioritäten der Investitionspolitik seien fehlgeleitet. Während es an Wohnraum, Lebensmitteln, Medikamenten und Energie mangele, fließe ein erheblicher Teil der staatlichen Ausgaben in den Bau von Hotels – insbesondere in den hochpreisigen Tourismussektor. Dieser Fokus auf Deviseneinnahmen durch internationale Besucher habe die strukturellen Probleme im Inland weiter verschärft, so die Argumentation. Die Folgen sind für viele Kubanerinnen und Kubaner spürbar: Überfüllte Wohnungen, baufällige Substanz, fehlende Alternativen. Die Wohnsituation gilt neben der Inflation, der Nahrungsmittelknappheit und den ständigen Stromausfällen als eines der gravierendsten Alltagsprobleme der Bevölkerung. Ursachen in der Krise Die wirtschaftliche Lage des Landes befindet sich seit mehr als vier Jahren im freien Fall. Die COVID-19-Pandemie hatte den Tourismus – eine zentrale Einnahmequelle – zeitweise vollständig zum Erliegen gebracht. Parallel dazu verschärfte die US-Regierung unter Donald Trump die Sanktionen erheblich, eine Linie, die unter Präsident Joe Biden bislang nur punktuell aufgeweicht wurde. Doch nicht nur äußere Faktoren sind für den Niedergang verantwortlich. Auch hausgemachte Fehlentscheidungen, etwa die unvollständige Währungsreform und die schleppende Umsetzung von Marktöffnungen, haben die Lage weiter destabilisiert. Der Staat kämpft mit akuter Devisenknappheit, was nicht nur den Import von Rohstoffen und Baustoffen behindert, sondern auch die öffentliche Hand in ihrer Handlungsfähigkeit lähmt. Die Inflation bleibt hoch, der Peso verliert kontinuierlich an Wert, und der Dollar dominiert zunehmend den Zahlungsverkehr – insbesondere auf dem Schwarzmarkt, aber auch in staatlich betriebenen „MLC-Geschäften“, in denen nur mit Devisen bezahlt werden kann. Diese Dolarisierung der Wirtschaft führt zu einer sozialen Spaltung: Wer Zugang zu Auslandsüberweisungen oder Dollarquellen hat, ist deutlich im Vorteil. Der Rückgang im Wohnungsbau ist nicht nur ein numerisches Defizit, sondern Ausdruck eines umfassenden Scheiterns staatlicher Planung und Ressourcenverteilung. Sieben Jahre nach Ausrufung des Wohnbauprogramms zeichnet sich ab, dass das ursprüngliche Ziel – die vollständige Deckung des Wohnungsbedarfs bis 2028 – kaum mehr realistisch erscheint. Im Gegenteil: Die aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Lage weiter verschärft. Die Perspektiven bleiben düster. Ohne strukturelle Reformen, eine Umverteilung staatlicher Mittel und eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung scheint eine substanzielle Verbesserung der Wohnsituation in weiter Ferne. Für viele Kubaner bedeutet das: Ein weiteres Jahr im Provisorium – ohne Aussicht auf ein neues Zuhause.
Quelle: ONEI (https://t1p.de/kzz8s)
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Text: Leon Latozke
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