Neues aus Kuba
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Kuba steckt mitten in einer schweren Energiekrise: In Teilen der Insel bleiben täglich bis zu 19 Stunden lang die Lichter aus. Landesweit rechnet die Regierung mit anhaltenden Stromausfällen über die Sommermonate – und das trotz angekündigter Maßnahmen wie dem Ausbau von Solarparks oder kurzfristiger Wartungen an Kraftwerken,
Die anhaltende Energiekrise auf Kuba spitzt sich weiter zu. Besonders drastisch zeigt sich die Situation derzeit in der zentral gelegenen Provinz Villa Clara, wo die Stromausfälle laut staatlicher Elektrizitätsgesellschaft nunmehr bis zu 19 Stunden pro Tag betragen können. Eine offiziell als „neue Strategie“ deklarierte Maßnahme zur gleichmäßigeren Lastverteilung trifft dort auf massive Ablehnung in der Bevölkerung. Gleichzeitig bestätigte die kubanische Regierung, dass die Engpässe im Stromnetz über die Sommermonate hinweg anhalten werden. Die Ursachen liegen tief – und Lösungen scheinen in weiter Ferne.
Bis zu 19 Stunden ohne Strom: Das Modell Villa Clara Die staatliche Elektrizitätsgesellschaft in Villa Clara hat jüngst ein rotierendes Abschaltmodell eingeführt, das auf elf Stromkreise basiert. In sogenannten „Extremszenarien“ erhalten diese Kreise lediglich fünf Stunden Strom pro Tag. Das bedeutet für betroffene Haushalte bis zu 19 Stunden täglich ohne Elektrizität – also 79 Prozent des Tages. Als Begründung nennt die Behörde via Facebook die „Gleichverteilung der Belastung“, den Schutz „essentieller Prozesse“ und eine effektivere Reaktion auf Störungen im Netz. Einzelne Gruppen wie Krankenhäuser, Wasserversorgungseinrichtungen und Zuckerrohrfabriken sind von diesen Maßnahmen zumindest zeitweise ausgenommen. Die Bevölkerung reagiert jedoch mit Unverständnis und Wut. In sozialen Medien dominieren Begriffe wie „Horror“, „Verzweiflung“ und „Masakre“. Viele verweisen auf die unerträgliche Hitze, mangelnde Kühlmöglichkeiten für Lebensmittel und erschwerte Bedingungen für Bildung und Berufsausübung. Der Eindruck, dass Regionen wie Havanna besser gestellt seien, verstärkt die Kritik an der ungleichen Versorgung. Systemischer Kollaps statt temporärer Engpass Doch das Problem geht weit über die Provinzgrenzen hinaus. Wie die staatliche Zeitung Trabajadores bestätigte, wird es landesweit auch in den Sommermonaten Juli und August zu anhaltenden Stromausfällen kommen. Eine grundlegende Lösung sei nicht in Sicht, räumt selbst das Ministerium für Energie und Bergbau (MINEM) ein. Als Hauptursachen werden ein gravierender Mangel an importierten Brennstoffen, der marode Zustand der thermischen Kraftwerke sowie der gestiegene Energiebedarf genannt. Laut dem Direktor für Elektrizität im MINEM, Lázaro Guerra Hernández, stehen in den kommenden Monaten landesweit lediglich 1.935 Megawatt (MW) an Stromerzeugungskapazität zur Verfügung – benötigt würden jedoch rund 3.500 MW. Daraus ergibt sich ein strukturelles Defizit von über 1.500 MW. Selbst das Ziel, die Stromausfälle auf durchschnittlich vier Stunden täglich pro Haushalt zu begrenzen, sei nur unter optimalen Bedingungen erreichbar – etwa durch zusätzliche Erzeugungskapazitäten von 13 Gigawattstunden und ein kontrolliertes Nachfragewachstum. In der Realität ist jedoch eher von deutlich längeren Ausfallzeiten auszugehen. Flickwerk statt Reform: Solarstrom als Placebo Offizielle Hoffnungen ruhen auf dem Wiederhochfahren einzelner Anlagen wie dem thermischen Kraftwerk in Cienfuegos (158 MW) und dem geplanten Bau neuer Solarparks. Letztere sollen zumindest zwischen 11:30 und 15:30 Uhr eine minimale Entlastung bringen. Doch selbst staatliche Stellen geben in sozialen Medien zu, dass diese Maßnahmen bestenfalls punktuell helfen, nicht jedoch den systemischen Verfall aufhalten können. Zudem stehen weitere Kraftwerksabschaltungen bevor. Die Anlagen Antonio Guiteras (Matanzas) und Felton 1 (Holguín) sollen noch vor Sommerbeginn vom Netz genommen werden, um größere Ausfälle in den heißen Monaten zu verhindern. Doch auch hier ist unklar, ob die Wartungsarbeiten rechtzeitig abgeschlossen sein werden – oder ob sie vielmehr zusätzliche Instabilität verursachen. Ein längerfristiger Plan zur Wiederherstellung von 500 MW durch thermische und erneuerbare Energiequellen innerhalb der nächsten drei Jahre wurde auf der offiziellen Website Cubadebate angekündigt. Doch kurzfristige Verbesserungen sind davon kaum zu erwarten. Die Bevölkerung zwischen Resignation und Protest Für die kubanische Bevölkerung bedeutet die aktuelle Energiekrise weit mehr als bloßen Komfortverlust. Die Stromausfälle beeinträchtigen das tägliche Leben in nahezu allen Bereichen: Kochen, Kühlen von Lebensmitteln, häusliches Lernen und Arbeiten, medizinische Versorgung – all das wird durch die Ausfälle massiv erschwert oder unmöglich gemacht. Die Folge ist eine zunehmend angespannte Stimmung in der Bevölkerung, die sich nicht nur in Wut und Frustration äußert, sondern auch in wachsender Kritik an der politischen Führung. Die Regierung wird beschuldigt, über Jahre hinweg notwendige Investitionen in die Energieinfrastruktur versäumt und sich stattdessen auf ideologisch aufgeladene Erklärungen – wie die Schuldzuweisung an das US-Embargo – zurückgezogen zu haben. Tatsächlich lassen sich viele Probleme auf das Missmanagement im Energiesektor zurückführen. Während in der offiziellen Propaganda von technologischen Errungenschaften und internationaler Anerkennung gesprochen wird, fehlt es im Inneren des Landes an der grundlegendsten Voraussetzung eines modernen Lebens: verlässlicher Stromversorgung. Kuba steuert auf einen energiepolitischen Kollaps zu Kuba steht vor einem energiepolitischen Desaster mit weitreichenden sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Der Versuch, mit rotierenden Stromabschaltungen und punktuellen Maßnahmen eine gescheiterte Energiepolitik zu kaschieren, überzeugt weder die Bevölkerung noch unabhängige Beobachter. Die strukturellen Ursachen – veraltete Kraftwerke, mangelnde Investitionen und eine ineffiziente Verwaltung – bleiben bestehen. Solange keine grundlegende Reform der Energieinfrastruktur erfolgt, wird sich die Lage auf der Insel kaum verbessern. Für die Kubanerinnen und Kubaner bedeutet dies: auch der Sommer 2025 wird ein Sommer im Dunkeln.
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Text: Leon Latozke
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