Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
![]()
Die kubanische Regierung entzieht Kleinstunternehmen, Genossenschaften und Selbstständigen das Recht, den Großhandel als Nebentätigkeit zu betreiben. Die Regierung rechtfertigt die Maßnahme mit der Bekämpfung der Inflation. Kritiker sehen darin jedoch eine Rückkehr zur staatlichen Kontrolle und eine Schwächung des Privatsektors.
Abbildung: Die Verordnung legt die Art der Geschäftstätigkeit in der Gewerbeerlaubnis fest, die bisher nicht spezifiziert wurde. (Bildquelle: Granma © Juvenal Belán)
Die kubanische Regierung hat den Handlungsspielraum privater Wirtschaftsakteure im Großhandel erheblich eingeschränkt. Mit der am 5. Dezember 2024 in der Gaceta Oficial veröffentlichten Resolution 56 des Ministeriums für Binnenhandel werden Lizenzen für den Großhandel als nicht spezifizierte Nebentätigkeit für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (Micro, Pequeñas y Medianas Empresas - MIPYMEs), nicht-landwirtschaftliche Genossenschaften (Cooperativas no Agropecuarias - CNA) sowie selbstständige Arbeiter (Trabajadores por Cuenta propia - TCP) widerrufen.
Mit der Maßnahme setzt die Regierung den im August 2024 mit Dekret 107 eingeleiteten Kurs fort, der die Aktivitäten des Privatsektors zunehmend unter staatliche Kontrolle stellt. Bereits damals wurde festgelegt, dass der Großhandel als Haupttätigkeit für MIPYMEs und CNAs nur noch mit staatlicher Beteiligung möglich ist. Die Resolution 56 konkretisiert diese Vorgaben und führt eine Zwangsverpflichtung zur Zusammenarbeit mit staatlichen Unternehmen ein. Jetzt wird eine Frist von 90 Arbeitstagen eingeräumt, in der MIPYMEs und CNAs, deren Haupttätigkeit der Großhandel ist, bestätigen, dass sie den Großhandel weiterhin mit Beteiligung staatlicher Stellen betreiben werden, was aus Sicht vieler Unternehmer einer faktischen Verstaatlichung gleichkommt. Diejenigen, die dies nicht bestätigen, haben maximal 120 Arbeitstage Zeit, um ihre Bestände ggfs. zu liquidieren und als Einzelhandel fortzusetzen, sofern eine Einzelhandelstätigkeit in ihrem Unternehmenszweck definiert ist und sie über eine entsprechende Handelslizenz verfügen. Während der Großhandel für viele MIPYMEs bislang ein entscheidender Pfeiler ihres Geschäftsmodells war, wird dieser Sektor nun weitgehend in staatliche Hand überführt. Künftig dürfen Unternehmen den Großhandel nur noch „direkt mit staatlichen Unternehmen oder über staatliche Großhandelsvertriebe“ betreiben, wie die Resolution festlegt. Damit endet die erst seit 2021 bestehende Möglichkeit, Importe selbstständig durchzuführen und als Großhändler unabhängig zu agieren. Auch der Einzelhandel bleibt für private Akteure eingeschränkt. Bereits das Dekret 107 untersagte es, Waren zu vertreiben, die „nicht-kommerziell importiert oder im Einzelhandel erworben“ wurden. Mit der neuen Regelung wird die Beschränkung auf den gesamten Großhandel ausgeweitet. Die kubanische Regierung begründet die Maßnahme mit der Eindämmung der Inflation. Premierminister Manuel Marrero Cruz hatte bereits im Dezember 2023 vor der Nationalversammlung angekündigt, „Verzerrungen“ im Privatsektor zu beseitigen. Seiner Auffassung nach tragen MIPYMEs, die durch den Zugang zu Devisen und die Möglichkeit zum freien Import Wettbewerbsvorteile gegenüber staatlichen Betrieben haben, zur Preiserhöhung bei. „Anstatt ein großes Problem zu lösen, haben sie ein Hindernis geschaffen, das weder die Inflation noch die Preise gesenkt hat“, erklärte Marrero seinerzeit. Die Maßnahme stößt bei Wirtschaftsexperten auf Kritik. Der kubanische Ökonom Pedro Monreal sieht die Beschlüsse als Versuch, den staatlichen Großhandelssektor zu „beleben“, indem der private Sektor „erstickt“ wird. Monreal spricht von einer „falschen Gleichheit“ zwischen staatlichen und privaten Akteuren, da letztere durch die neuen Regeln deutlich benachteiligt würden. Die Regierung, so Monreal, setze auf eine restriktive staatliche Regulierung in der Hoffnung, die Preisentwicklung kontrollieren zu können. Der Ökonom warnt jedoch, dass viele private Akteure über erhebliche Liquidität in Devisen verfügen und in der Lage sein könnten, ihr Kapital ins Ausland zu verlagern. Diese Gefahr sieht auch die Regierung, weshalb die Maßnahmen als Versuch interpretiert werden, privates Kapital im Land zu binden und staatliche Kontrolle zu sichern. Mit der Resolution 56 verstärkt Kuba den staatlichen Einfluss auf den Privatsektor und kehrt wesentliche Marktöffnungen der letzten Jahre zurück. Was offiziell als „Korrektur von Verzerrungen“ bezeichnet wird, ist faktisch eine Beschränkung der wirtschaftlichen Autonomie von MIPYMEs und Selbstständigen. Die Maßnahmen stärken die Position staatlicher Unternehmen und könnten das wirtschaftliche Umfeld für private Akteure deutlich verschlechtern. Wirtschaftsexperten sehen darin eine riskante Strategie, die zwar kurzfristig die staatliche Kontrolle festigen, langfristig aber das Vertrauen der privaten Akteure schwächen könnte. Ob die angekündigte Inflationsbekämpfung gelingt, bleibt abzuwarten.
Quelle: Gaceta official (https://t1p.de/z1ewg), Granma (https://t1p.de/7am5q)
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |