Neues aus Kuba
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Der Tod von Papst Franziskus hat in Kuba tiefe Betroffenheit ausgelöst. Die kubanische Führung würdigte den am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorbenen Pontifex mit Worten des Respekts und der Zuneigung. Präsident Miguel Díaz-Canel erinnerte auf dem Kurznachrichtendienst X an die „herzliche Nähe“, die Franziskus dem kubanischen Volk entgegengebracht habe. Auch Außenminister Bruno Rodríguez ehrte das geistliche Oberhaupt und betonte dessen Einsatz für globale Verständigung und soziale Gerechtigkeit.
Die Reaktionen auf der Insel zeigen die außerordentliche Bedeutung, die Franziskus während seines Pontifikats für Kuba hatte. Als erster lateinamerikanischer Papst und bedeutender Vertreter der Befreiungstheologie hat er nicht nur religiöse, sondern auch diplomatische und gesellschaftliche Spuren in dem sozialistischen Karibikstaat hinterlassen. Seine Besuche und politischen Vermittlungen wirken bis heute nach. Papst Franziskus besuchte Kuba zweimal während seines Pontifikats – Ereignisse, die breite öffentliche Aufmerksamkeit fanden und das Bild des Landes nach außen prägten. Im September 2015 feierte er Messen in Havanna, Holguín und Santiago de Cuba, an denen Hunderttausende teilnahmen – gläubige wie nichtgläubige Kubaner. Seine Predigten betonten nicht nur die Rolle der Nächstenliebe, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und Versöhnung. Neben dem damaligen Präsidenten Raúl Castro traf Franziskus auch Revolutionsführer Fidel Castro, mit dem er sich zu einem privaten Gespräch zurückzog. Diese Begegnung war symbolträchtig, nicht nur wegen der ideologischen Gegensätze zwischen dem marxistischen Regime und dem katholischen Kirchenoberhaupt, sondern auch wegen der biografischen Parallelen. Raúl und Fidel Castro waren wie Franziskus Jesuitenschüler – ein Detail, das zur Annäherung beitrug. Raúl Castro äußerte damals, dass ihn die Reden des Papstes tief beeindruckt hätten: „Wenn der Papst so weitermacht, werde ich wieder beten und in die Kirche gehen – das ist kein Scherz.“ Ein weiteres historisches Ereignis war das Treffen zwischen Franziskus und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. im Februar 2016 am Flughafen von Havanna. Es war das erste Treffen zwischen den Oberhäuptern der katholischen und russisch-orthodoxen Kirche seit der Kirchenspaltung vor fast tausend Jahren. Dass dieses Treffen ausgerechnet in Kuba stattfand, unterstreicht die internationale Rolle, die die Insel unter Franziskus’ Vermittlung einnahm. Franziskus als Diplomat: Brückenbauer zwischen Washington und HavannaNeben seinen religiösen Verdiensten spielte Franziskus eine zentrale diplomatische Rolle – insbesondere in der schwierigen Beziehung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten. Zusammen mit der kanadischen Regierung war der Heilige Stuhl maßgeblich an den geheimen Gesprächen beteiligt, die Ende 2014 zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern führten. Die damalige Ankündigung von US-Präsident Barack Obama und dem kubanischen Staatschef Raúl Castro markierte einen historischen Wendepunkt nach über fünf Jahrzehnten politischer Eiszeit. Auch in den letzten Jahren seines Pontifikats war Franziskus diplomatisch aktiv. Im Januar 2025 vermittelte der Vatikan erneut zwischen Havanna und Washington. US-Präsident Joe Biden kündigte damals an, Kuba von der US-Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten zu streichen – eine Maßnahme, die wenige Wochen später von seinem Nachfolger Donald Trump rückgängig gemacht wurde. Im Gegenzug zur diplomatischen Öffnung hatte die kubanische Regierung zugesagt, 553 politische Gefangene freizulassen – eine Geste im Zeichen des von Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahres 2025. Diese Vermittlungen zeigen, wie der Papst seinen Einfluss nutzte, um konkrete politische und humanitäre Fortschritte zu erreichen – auch in einem Land, das offiziell atheistisch geprägt ist. Mit dem Tod von Papst Franziskus endet ein Kapitel der besonderen Beziehungen zwischen Kuba und dem Vatikan. Er war nach Johannes Paul II. (1998) und Benedikt XVI. (2012) der dritte Papst, der Kuba besuchte – doch sein Wirken ging über liturgische Zeremonien hinaus. Er verkörperte für viele Kubaner Hoffnung auf Wandel, Dialog und Respekt in einer Zeit gesellschaftlicher und politischer Spannungen. Dass sich am Tag seines Todes viele Kubaner den weltweiten Trauerbekundungen anschlossen, zeigt, wie stark Franziskus über ideologische Grenzen hinweg verehrt wurde. In einem Land, das trotz vorsichtiger Öffnungen mit wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen kämpft, bleibt sein Einsatz für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und internationale Verständigung ein Orientierungspunkt. Franziskus hat nicht nur mit symbolischen Gesten beeindruckt, sondern mit konkretem diplomatischem Handeln Spuren hinterlassen – Spuren, die über seinen Tod hinaus Bestand haben könnten. Seine Rolle als moralische und politische Instanz, sein Eintreten für Verständigung und seine lateinamerikanische Herkunft machten ihn für Kuba zu einem Papst von besonderer Bedeutung. Das Land verabschiedet sich nicht nur von einem Kirchenoberhaupt, sondern von einem Verbündeten im Streben nach Anerkennung, Würde und Versöhnung.
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Text: Leon Latozke
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