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Kubas größte staatliche Immobiliengesellschaft verlangt ab Juli 2025 von ausländischen Mietern die Zahlung ihrer Miete in US-Dollar. Die Maßnahme betrifft Unternehmen und Privatpersonen und ist Teil einer schrittweisen Rückkehr zur Dollarisierung.
Abbildung: Pedro Szekely from Los Angeles, USA, Havana (33730637645), Zuschnitt KUBAKUNDE, CC BY-SA 2.0
Wie die Nachrichtenagentur EFE berichtet, verlangt Kubas größte staatliche Immobiliengesellschaft Cubija, eine Tochtergesellschaft des dem Militärkonglomerat GAESA zugehörigen Unternehmens Palco, ab dem 1. Juli 2025 von ihren ausländischen Mietern die Begleichung der Mieten in US-Dollar. Damit setzt sich die schleichende Dollarisierung der kubanischen Wirtschaft weiter fort – ein Prozess, der erhebliche Auswirkungen auf ausländische Unternehmen und Einzelpersonen im Land haben dürfte.
Der EFE-Bericht stützt sich auf mehrere gleichlautende Schreiben, die Cubija an betroffene Mieter versandt hat. Darin heißt es, dass künftig die Mietpreise in US-Dollar und nicht mehr in der nationalen Währung (CUP) berechnet würden. Zugrunde gelegt wird der offizielle Wechselkurs für juristische Personen, der derzeit bei 24 CUP pro US-Dollar liegt. Angesichts eines informellen Devisenkurses von rund 375 CUP pro US-Dollar bedeutet dies eine faktische Preissteigerung um das Fünfzehnfache für viele ausländische Mieter, die bisher in lokaler Währung gezahlt haben. Wie EFE weiter berichtet, hat dieser Schritt in den betroffenen Kreisen bereits Proteste ausgelöst. Mehrere Mieter – sowohl Unternehmen als auch Einzelpersonen – haben schriftlich gegen die neue Regelung Einspruch erhoben. Einige kündigten an, die Umstellung nicht zu akzeptieren. Hintergrund der Maßnahme ist eine Resolution des Ministeriums für Wirtschaft und Planung (MEP) vom 31. März 2025 (Nr. 20/2025), die Cubija einen sogenannten "Finanzierungsmechanismus in Devisen" gestattet. Ziel dieser Regelung ist es, ausgewählten Unternehmen innerhalb des Palco-Konzerns die Möglichkeit zu geben, über Teile ihrer in Fremdwährungen generierten Einnahmen zu verfügen. Solche Devisenmechanismen stellen einen bemerkenswerten Schritt dar: In einem Land, dessen staatliches Bankensystem unter extremer Liquiditätsknappheit leidet und in dem die meisten Buchgeldguthaben de facto nicht in bar verfügbar sind, gelten derartige Sonderregelungen als Privileg. Sie erlauben es ausgewählten Akteuren, jenseits der landesweiten Devisenknappheit zu operieren – ein Zustand, der von internationalen Beobachtern als eine Art „doppelte Finanzrealität“ gewertet wird. Der Schritt reiht sich ein in eine Serie von Maßnahmen, mit denen die kubanische Regierung versucht, der gravierenden Devisenknappheit im Land zu begegnen. In den vergangenen Monaten wurden unter anderem verstärkt Einzelhandelsgeschäfte eröffnet, in denen ausschließlich mit harter Währung bezahlt werden kann. Auch bestimmte Dienstleistungen und Gebühren – etwa für Telekommunikation oder Energie – werden zunehmend nur noch in Devisen abgerechnet. Der Zugang zu Bargeld, sowohl in nationaler als auch in ausländischer Währung, ist in Kuba seit längerem stark eingeschränkt. Seit rund einem Jahr sind Bargeldabhebungen in CUP limitiert, während Devisenabhebungen kaum noch möglich seien. Besonders betroffen sind ausländische Firmen mit Konten bei kubanischen Banken: Im April 2025 informierte die Regierung diese Unternehmen darüber, dass eine Rückführung von Gewinnen ins Ausland nicht mehr gestattet sei. Für viele Firmen, deren Guthaben sich auf Millionenbeträge belaufen, stellt diese Einschränkung eine erhebliche Belastung dar. Die Insel befindet sich laut EFE in einem „nicht erklärten Finanz-Corralito“, eine Anspielung auf die Maßnahmen in Argentinien Anfang der 2000er-Jahre, als die Regierung Abhebungen und Transaktionen drastisch einschränkte, um Kapitalflucht zu verhindern. Die aktuelle Regelung zur Mietzahlung in US-Dollar spiegelt die angespannte wirtschaftliche Lage des Landes wider. Kuba befindet sich seit mehreren Jahren in einer tiefen Strukturkrise. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie und den verschärften US-Sanktionen haben auch interne wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen zu einem dramatischen Rückgang der heimischen Produktion geführt. Schätzungen zufolge importiert das Land mittlerweile rund 80 Prozent der konsumierten Güter, insbesondere Lebensmittel und Treibstoffe. Der kubanische Staat benötigt dringend harte Währung, verfügt aber über kaum noch Instrumente, um diese legal zu erwirtschaften. In der Folge greift er auf Zwangsmaßnahmen zurück, die vor allem jene treffen, die noch in Kuba investieren oder dort wirtschaftlich aktiv sind. Die ohnehin fragile Position ausländischer Akteure auf der Insel wird damit weiter geschwächt Die Dollarisierung, die offiziell seit 2004 mit der Abschaffung des Umlaufs von US-Dollar im Alltagsverkehr als beendet galt, kehrt damit schrittweise zurück – allerdings nicht durch offene Reformprozesse, sondern durch administrativ durchgesetzte Einzelmaßnahmen, die vor allem auf die Absicherung von Deviseneinnahmen abzielen. Während große Teile der Bevölkerung weiterhin in CUP entlohnt werden und mit Inflation und Versorgungsengpässen zu kämpfen haben, etabliert sich parallel eine Ökonomie, in der US-Dollar, Euro und andere Fremdwährungen faktisch zur Voraussetzung für viele Transaktionen werden. Dieser jüngste Schritt der Regierung in Richtung Dollarisierung ist weniger ein Zeichen wirtschaftlicher Öffnung, sondern vielmehr ein Ausdruck akuter Zahlungsunfähigkeit.
Quelle: EFE (https://t1p.de/0vtqu)
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Text: Leon Latozke
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