Neues aus Kuba
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Die kubanische Regierung hat am Montag (19.) umfassende neue Regelungen für den privaten Sektor auf der Insel veröffentlicht, die am 19. September in Kraft treten sollen. Diese Maßnahmen betreffen sowohl Selbstständige als auch kleine und mittlere Unternehmen ("Micro, Pequeñas y Medianas Empresas" - MIPYMES ) sowie nicht-landwirtschaftliche Genossenschaften. Ziel dieser Maßnahmen ist es offenbar, die Kontrolle des Staates über den privaten Sektor weiter zu verstärken und dessen Spielraum erheblich einzuschränken.
Ein zentraler Bestandteil der neuen Regelungen ist das Dekretgesetz 88, das die Bedingungen für die Gründung, den Betrieb und die Auflösung von MIPYMES festlegt. Mit der Umsetzung dieses Gesetzes wird ein neues Institut für nichtstaatliche Wirtschaftssubjekte geschaffen, das direkt dem Ministerrat unterstellt ist. Diese Institution wird von Mercedes López Acea, der ehemaligen Vizepräsidentin Kubas, geleitet. Diese zentrale Überwachungsstelle soll sicherstellen, dass der private Sektor strikt den staatlichen Vorgaben folgt und keine Aktivitäten entwickelt, die als Bedrohung für die Sicherheit des Staates angesehen werden könnten. Die neuen Regelungen bringen für die MIPYMES und andere private Akteure in Kuba eine Reihe von Verpflichtungen mit sich, die ihre Handlungsfreiheit erheblich einschränken. So müssen alle Geschäfte ihre Waren und Dienstleistungen in der Landeswährung, dem kubanischen Peso, verkaufen, es sei denn, es gibt spezifische Ausnahmen. Zudem sind alle finanziellen Transaktionen auf einem offiziellen Bankkonto zu erfassen, was die staatliche Kontrolle über die Geschäftstätigkeiten weiter verschärft. Besonders brisant ist das Verbot für MIPYMES, sich an illegalen Aktivitäten zu beteiligen, die die Staatssicherheit gefährden könnten, was eine breite und interpretierbare Grundlage für staatliche Interventionen bietet. Ein weiterer Schwerpunkt der neuen Regelungen sind die weitreichenden Einschränkungen für den privaten Sektor, die in Dekret 107/2024 festgeschrieben sind. Dieses Dekret erweitert die Liste der verbotenen Tätigkeiten für private Akteure auf insgesamt 125. Unter den neu verbotenen Aktivitäten befinden sich essenzielle Dienstleistungen wie die Herstellung und Wartung von medizinischen Geräten sowie die Produktion von orthopädischem Spezialschuhwerk. Auch der Handel mit medizinischen Materialien wird strikt reglementiert und ausschließlich dem öffentlichen Gesundheitssystem vorbehalten. Darüber hinaus sind bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten, wie die Holzwirtschaft und der Fischfang, künftig stark eingeschränkt. Die neuen Regelungen verbieten es privaten Unternehmen zudem, Abwassersysteme in größeren Gemeinden zu betreiben, was diese Unternehmen von wichtigen Infrastrukturprojekten ausschließt. Besonders auffällig ist das Verbot des Großhandels für Selbstständige, was viele Kleinunternehmer vor enorme Herausforderungen stellt und deren Geschäftsmöglichkeiten erheblich einschränkt. Für den Bildungssektor bringt das neue Dekret ebenfalls einschneidende Änderungen mit sich. Private Unternehmen dürfen keine Bildungsakademien gründen oder Zertifikate für Kurse oder Schulungen ausstellen. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Kunst- und Musikpädagogik, wo privaten Lehrkräften die Nutzung staatlicher Einrichtungen untersagt wird. Darüber hinaus sind private Akteure von der Organisation internationaler Veranstaltungen sowie von der Entwicklung und Durchführung kultureller Programme ausgeschlossen. Diese umfassenden Verbote betreffen auch die Gründung von Künstlergruppen, Zirkussen, Orchestern und anderen kulturellen Einrichtungen. Die neuen Regelungen stoßen in der kubanischen Fachwelt auf starke Kritik. Der bekannte kubanische Ökonom Pedro Monreal sieht in den neuen Beschränkungen eine gezielte Marginalisierung des privaten Sektors. Seiner Meinung nach konzentriert sich fast die Hälfte der neuen Beschränkungen auf den Handel, der für viele private Unternehmen eine überlebenswichtige Funktion erfüllt. Monreal argumentiert, dass der private Sektor in Kuba zunehmend an den Rand gedrängt wird und dass diese neuen Regelungen den ohnehin bereits stark eingeschränkten Handlungsspielraum weiter einengen. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Einführung des Konzepts des „residentes efectivos“, des effektiven Wohnsitzes. Dieses Konzept erlaubt es sowohl im Ausland lebenden Kubanern als auch Ausländern, sich an MIPYMES zu beteiligen, solange sie die Anforderungen für den Aufenthalt in Kuba erfüllen. Sollten sie diesen Status verlieren, verlieren sie auch das Recht auf ihre Beteiligung, was die Investitionssicherheit erheblich beeinträchtigen könnte. Die neuen Regelungen haben weitreichende Konsequenzen für den privaten Sektor in Kuba. Experten sind sich einig, dass die Maßnahmen darauf abzielen, den ohnehin begrenzten Spielraum privater Unternehmen weiter einzuschränken und sie enger an den staatlichen Sektor zu binden. In den letzten Monaten hat die kubanische Regierung ihre Kontrolle über den privaten Sektor erheblich verschärft, indem sie unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes strenge Maßnahmen gegen private Unternehmen ergriffen hat. Diese Offensive umfasst Bußgelder gegen Unternehmer, die Beschlagnahmung von Waren und die Schließung von Betrieben. Die kubanische Regierung scheint entschlossen, den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft zu bewahren und den privaten Sektor in enge staatliche Schranken zu weisen. Dies dürfte die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage in Kuba weiter verschärfen und die Möglichkeiten für private Initiativen weiter begrenzen.
Quelle: Gaceta Official (https://t1p.de/4sjrs)
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Text: Leon Latozke
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