Neues aus Kuba
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Kuba steht vor einem Sommer mit massiven Stromausfällen. Präsident Miguel Díaz-Canel und Energieminister Vicente de la O warnen vor täglichen Abschaltungen von bis zu 18 Stunden und bereiten die Bevölkerung auf eine anhaltende Energiekrise vor.
Die kubanische Regierung hat die Bevölkerung auf einen Sommer mit anhaltenden und massiven Stromausfällen vorbereitet. In der neuesten Folge seines offiziellen Podcasts Desde la presidencia sprach Präsident Miguel Díaz-Canel von einer „kritischen Situation“ und einer „fast lahmgelegten“ Wirtschaft. Das Hauptproblem, das die Lebensqualität der Kubaner derzeit massiv beeinträchtigt, seien die täglich stundenlangen Stromabschaltungen, die in Teilen des Landes bereits bis zu 18 Stunden andauern.
Stromausfälle als zentrales Problem der Bevölkerung Díaz-Canel bezeichnete die Stromabschaltungen als die größte Herausforderung für die Regierung und stellte klar: „Die Stromausfälle sind eine Priorität.“ Doch konkrete Reaktionen auf die jüngsten kleineren, friedlichen Proteste in Folge der Energiekrise ließ er in seiner Ansprache unerwähnt. Dabei wächst der Unmut in der Bevölkerung zunehmend – nicht zuletzt, weil die Einschränkungen bereits im Vorjahr gravierend waren und sich die Lage seither weiter verschärft hat. Der Minister für Energie und Bergbau, Vicente de la O Levy, bestätigte den Ernst der Lage und versicherte: „Wir wissen, wie sehr unser Volk leidet.“ Laut Alfredo López, Generaldirektor der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Unión Eléctrica (UNE), betrug die durchschnittliche tägliche Stromabschaltung im Mai rund 18 Stunden. In manchen Provinzen sei es notwendig, bis zu 90 Prozent des Netzes gleichzeitig abzuschalten. Keine Hoffnung auf schnelle Besserung Für den Sommer stellt die Regierung gewisse Verbesserungen in Aussicht, ohne dabei jedoch falsche Hoffnungen zu wecken. Ziel sei es, so López, die Stromabschaltungen „beherrschbar“ zu machen. Ein völliges Ende der Stromausfälle sei jedoch nicht möglich. Minister De la O unterstrich, dass es „unrealistisch“ sei, einen „Null-Ausfall-Sommer“ zu erwarten. Als kurzfristige Maßnahmen plant die Regierung, in den nächsten drei Monaten zwei thermische Stromerzeugungseinheiten wieder ans Netz zu bringen. Zudem sollen einige zusätzliche Photovoltaikanlagen in Betrieb genommen werden. Damit soll zumindest ein Teil der aktuellen Versorgungslücke geschlossen werden. Die Gesamtstrategie der Regierung ist jedoch langfristig ausgerichtet und basiert weiterhin primär auf dem bestehenden thermischen Kraftwerkspark, der auf schwerem kubanischem Rohöl basiert, sowie dem schrittweisen Ausbau von Gas- und Solarenergie. Marodes Kraftwerksnetz und strukturelle Mängel Die Probleme im Energiesektor sind struktureller Natur. Kubas sieben große thermische Kraftwerke auf dem Festland sind laut Energieminister „tief beschädigt“ – eine Folge jahrzehntelanger Nutzung ohne ausreichende Investitionen in Instandhaltung oder Modernisierung. „Wir können nichts ausschließen“, warnte De la O mit Blick auf mögliche Ausfälle, wie sie in den vergangenen Jahren immer wieder auftraten. Besonders gravierend: Die Zahl der Stromausfälle, die das gesamte Land betrafen – sogenannte apagones nacionales – stieg in den vergangenen sieben Monaten auf vier, wobei die Wiederherstellung der Versorgung teils mehrere Tage dauerte. Zwar hat die Regierung bereits zwölf der insgesamt 92 bis 2031 geplanten Solarparks in Betrieb genommen, doch das Gewicht dieser Maßnahme ist bislang begrenzt. Präsident Díaz-Canel verteidigte dennoch den eingeschlagenen Kurs als „richtige Strategie“ und betonte, dass man an der Umsetzung festhalten werde – ungeachtet öffentlicher Zweifel oder Kritik. Ursachenforschung: Unterfinanzierung versus Sanktionen Während offizielle Stellen die US-Sanktionen als Hauptursache der Energiekrise anführen, machen unabhängige Experten vor allem die strukturelle Unterfinanzierung und das jahrzehntelange staatliche Monopol im Energiesektor verantwortlich. Seit dem Sieg der Revolution 1959 liegt die Energieversorgung vollständig in staatlicher Hand. Kritiker bemängeln, dass dies zu einem chronischen Investitionsrückstand geführt habe. So fehle es dem Staat nicht nur an den nötigen Devisen zum Import von Treibstoff, sondern auch an Mitteln zur Wartung und Erneuerung der Infrastruktur. Unabhängige Schätzungen beziffern den notwendigen Finanzierungsbedarf zur umfassenden Sanierung des kubanischen Stromnetzes auf 8 bis 10 Milliarden US-Dollar – eine Summe, die das wirtschaftlich angeschlagene Land aus eigener Kraft derzeit kaum aufbringen kann. Politische Kommunikation im Angesicht wachsender Unzufriedenheit Die jüngste Podcast-Episode von Díaz-Canel reiht sich in eine Serie offizieller Stellungnahmen ein, die in den vergangenen Wochen verstärkt auf die prekäre Lage im Energiesektor eingingen. Sie markieren zugleich den Versuch, die Bevölkerung psychologisch auf einen belastenden Sommer vorzubereiten. Auffällig ist dabei, dass die Regierung weiterhin das Narrativ einer langsamen, aber zielgerichteten „Energiewende“ verfolgt, während sie gleichzeitig das unmittelbare Scheitern der Stromversorgung als systemisch bedingt darstellt. Ob die angekündigten kurzfristigen Maßnahmen greifen und die Stromabschaltungen tatsächlich reduziert werden können, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass der diesjährige Sommer für die Menschen in Kuba erneut mit erheblichen Einschränkungen, wirtschaftlichen Schäden und wachsendem sozialen Druck verbunden sein wird. Die Energiekrise ist inzwischen mehr als ein technisches Problem – sie ist zu einer zentralen politischen und gesellschaftlichen Herausforderung für das Regime geworden.
Quelle: YouTube/Presidencia de Cuba (https://t1p.de/j09ph)
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Text: Leon Latozke
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