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Kubas anhaltende Wirtschaftskrise trifft besonders die ältere Bevölkerung. Viele Seniorinnen und Senioren kämpfen mit Stromausfällen, Versorgungsengpässen und dem Verlust familiärer Unterstützung.
Abbildung: Am 27. Mai 2025 aufgenommenes Foto von Teresa García in ihrem Haus in Pinar del Río (Kuba). (Bildquelle: Qué Pasa © EFE/Ernesto Mastrascusa)
Die Krise in Kuba verschärft sich – besonders für die ältere Generation. Ein Bericht der spanischen Nachrichtenagentur EFE gibt einen bewegenden Einblick in das Leben der 94-jährigen Teresa „Teté“ García aus Pinar del Río und zeigt exemplarisch, wie tiefgreifend die humanitäre Notlage auf die Seniorinnen und Senioren des Landes wirkt.
Teresa García hat in ihrem langen Leben vieles erlebt: mehrere politische Systeme, wirtschaftliche Umbrüche und nicht zuletzt die bekannte „Sonderperiode“ der 1990er-Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Doch das, was die 94-Jährige heute in Kuba durchmacht, übertrifft alles, was sie je erlebt hat. Der EFE-Bericht verdeutlicht, wie dramatisch sich die Lebensumstände für viele Seniorinnen und Senioren auf der Insel verschärft haben. „Ich weiß noch nicht einmal mehr, wann ich das letzte Mal kaltes Wasser getrunken habe oder eine Nacht durchgeschlafen habe“, sagt Garcia gegenüber EFE. In ihrer kleinen Wohnung in Pinar del Río, im Westen der Insel, lebt sie ohne fließendes Wasser, ohne regelmäßige Stromversorgung und ohne ausreichend Nahrung oder Medikamente. Ihre Stimme ist ruhig, aber resigniert. Was bleibt, ist der Alltag im Ausnahmezustand: Wasser in Eimern speichern, weil die Pumpen ohne Strom nicht funktionieren; Essen kochen, sobald für wenige Stunden Strom fließt – falls es überhaupt etwas zu kochen gibt. Wie EFE berichtet, steht das Schicksal von Teresa García stellvertretend für die Situation vieler älterer Kubanerinnen und Kubaner. Der kubanische Staat hat nach offiziellen Angaben 9,7 Millionen Einwohner, von denen mehr als ein Viertel über 60 Jahre alt ist. Damit gehört das Land zu den am stärksten alternden Gesellschaften in Lateinamerika und der Karibik. Gerade diese Bevölkerungsgruppe leidet unter den Folgen der gegenwärtigen „Polykrise“, wie sie von Experten bezeichnet wird: Stromausfälle, Versorgungsengpässe, Hyperinflation, ein kollabierendes Gesundheitssystem und ein massiver Exodus junger Menschen. Die 94-Jährige hat einen Großteil ihrer Familie verloren – durch Krankheit oder Emigration. Zwei Nichten leben zwar in Havanna und bitten sie regelmäßig, zu ihnen zu ziehen, doch sie lehnt ab. „Ich bin mein ganzes Leben hier gewesen. Ich gehe nicht weg“, sagt sie mit Nachdruck. Angst hat sie nicht, sagt sie – jedenfalls nicht vor dem Alleinsein. Aber die Angst vor dem nächsten Stromausfall, der nächsten Nacht ohne Licht und Wasser, die ist allgegenwärtig. Die Soziologin Elaine Acosta von der Internationalen Universität von Florida, selbst Kubanerin, erklärt gegenüber EFE: „Die aktuelle Krise trifft besonders die ältere Bevölkerung hart – sowohl physisch als auch psychisch.“ Viele litten an chronischen Erkrankungen, die auf Mangelernährung während früherer Krisen zurückgehen. Auch seien Stress, Angstzustände und tiefe Verzweiflung weit verbreitet. Ein Leben in Würde sei für viele ältere Kubanerinnen und Kubaner unter den derzeitigen Bedingungen kaum möglich. Acosta macht auch auf einen weiteren Punkt aufmerksam: Die massive Auswanderung der letzten Jahre hat dazu geführt, dass viele Senioren ohne familiäre Netzwerke zurückbleiben. Kinder und Enkel leben in den USA, Spanien oder Lateinamerika – Unterstützung aus der Ferne ist schwierig, und der Alltag wird zur Belastungsprobe. Ohne Hilfe beim Einkaufen, beim Organisieren von Medikamenten oder bei der Essenszubereitung bleiben viele auf sich allein gestellt. In einem Land, in dem es oft weder Strom noch funktionierende Kühlgeräte gibt, bedeutet das im Extremfall den Verzehr verdorbener Lebensmittel – oder schlicht: den Verzicht auf Nahrung. Die Aussagen der Soziologin zeichnen ein düsteres Bild: „Die Situation verschlechtert sich kontinuierlich, und der Staat tut nicht das, was nötig wäre, um dem entgegenzuwirken.“ Strategien zur Krisenbewältigung fehlen oder scheitern an fehlenden Ressourcen. So bleibt vielen älteren Menschen nur das Improvisieren – und die Hoffnung auf ein Wunder. Für Teresa García, die als junges Mädchen noch die letzten Jahre der Regierung von Gerardo Machado (1925–1933) erlebt hat, hat diese Hoffnung längst Risse bekommen. Ihre Erinnerungen reichen über die Batista-Diktatur bis zur Revolution unter Fidel Castro und in die heutige Zeit. Doch keine dieser Phasen war für sie so belastend wie die Gegenwart. „Das hier ist schlimmer als alles andere. Selbst im 'Período Especial' gab es nicht so viel Elend“, sagt sie. Was die ältere Generation besonders trifft, ist die Perspektivlosigkeit. „Jeder Tag ist schlimmer als der vorige“, sagt die 94-Jährige. „Hier gibt es kein Leben. Ich werde das Ende nicht mehr sehen, aber das hier wird kein gutes Ende nehmen.“ Ihre Aussage steht stellvertretend für eine wachsende Zahl älterer Menschen auf Kuba, deren Situation im politischen Diskurs kaum Beachtung findet. Während internationale Aufmerksamkeit sich oft auf das politische System, die wirtschaftliche Öffnung oder die Migrationsbewegungen konzentriert, bleibt das stille Leiden der Alten im Schatten. Ihr Leiden sind nicht nur persönliche Tragödien, sondern auch stilles Zeugnis für die dramatische Lage eines Landes, das systematisch ausblutet.
Quelle: EFE (https://t1p.de/a1hf5)
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Text: Leon Latozke
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