Neues aus Kuba
Aktuelle Nachrichten und Meldungen, Analysen und Hintergrundinformationen
Experten warnen, Kubas Energiesystem stehe vor dem Kollaps, die maroden Kraftwerke und fehlenden Investitionen gefährden die Stromversorgung der Insel. Mehr als die Hälfte der thermischen Kraftwerke ist außer Betrieb, erneuerbare Energien liefern nur begrenzte Entlastung, und die Brennstoffversorgung bleibt intransparent.
Abbildung: Havana - Cuba, © Jorge Royan / http://www.royan.com.ar / CC BY-SA 3.0, Zuschnitt KUBAKUNDE, CC BY-SA 3.0
Die Energieversorgung in Kuba steht vor einem kritischen Punkt. Experten warnen, dass das marode Stromnetz der Insel kurz vor dem Zusammenbruch steht. Die Ursachen sind struktureller Natur: Veraltete Kraftwerke, fehlende Investitionen und eine unzureichende Brennstoffversorgung setzen das System zunehmend unter Druck.
Jorge Piñón, Experte des Instituts für Energie der Universität Texas, erklärt in einem Interview mit Martí Noticias, dem Internet-Portal von Radio and TV Martí, dass mehr als die Hälfte der kubanischen Stromerzeugungskapazität derzeit nicht verfügbar sei. Radio and TV Martí ist ein staatlicher US-amerikanischer Rundfunksender mit Sitz in Miami, der speziell an die kubanische Bevölkerung gerichtete Radio- und Fernsehsendungen in spanischer Sprache produziert und verbreitet. Die kubanischen thermischen Kraftwerke, die den Großteil der Energie liefern, sind über ihre Lebensdauer hinaus in Betrieb und haben seit Jahrzehnten keine nennenswerten Modernisierungsmaßnahmen erfahren. Derzeit sind neun bis zehn dieser Kraftwerksblöcke entweder aufgrund von Wartungsarbeiten oder wegen technischer Defekte außer Betrieb. Viele dieser Anlagen sind über 40 Jahre alt, obwohl sie für eine maximale Betriebsdauer von 30 bis 35 Jahren ausgelegt waren. Hinzu kommt, dass der in Kuba geförderte schwere Rohöl-Typ korrosiv ist und den Verschleiß der Turbinen weiter beschleunigt. Die Regierung versucht, mit alternativen Energiequellen gegenzusteuern, doch viele Projekte kommen nicht voran. So ist das Windkraftprojekt La Herradura bis heute nicht abgeschlossen, und das Biomassekraftwerk des Zuckerkombinats Ciro Redondo kann mangels Zuckerrohr nicht in vollem Umfang betrieben werden. Kuba hatte angekündigt, 55 Solarparks mit einer Gesamtleistung von 1.200 Megawatt zu errichten. Bislang liefern Solaranlagen jedoch nur rund 300 Megawatt. Ohne ausreichende Speicherkapazität ist es zudem nicht möglich, die Nachfrage in den Abendstunden zu decken. Ein kürzlich eröffneter Solarpark in El Cotorro mit einer Leistung von 22 Megawatt und Batteriespeichern für 50 Megawatt reicht nicht aus, um den Bedarf auszugleichen. Laut offiziellen Angaben fördert Kuba rund 40.000 Barrel Rohöl pro Tag, von denen 80 bis 85 Prozent zur Stromerzeugung und für Industrieanlagen genutzt werden. Angesichts der großen Anzahl stillgelegter Kraftwerke bleibt unklar, wohin diese Mengen tatsächlich fließen. Kuba verfügt nur über begrenzte Lagerkapazitäten, die durch den Großbrand im Tanklager von Matanzas 2022 weiter reduziert wurden. Eine Ausfuhr des Rohöls ist kaum möglich, da es aufgrund seiner Beschaffenheit nur schwer zu raffinieren ist. Berichte deuten darauf hin, dass der Staat Schiffe als schwimmende Lagerstätten nutzt, doch Transparenz gibt es nicht. Der Import von Treibstoff bleibt für Kuba unverzichtbar. Die einst umfangreichen Lieferungen aus Venezuela sind auf etwa 22.000 Barrel pro Tag gesunken. Auch Mexiko hat seine Exporte an die Insel reduziert, während Russland zuletzt 114.000 Tonnen Rohöl nach Kuba lieferte. Auffällig ist, dass die kubanische Regierung zuletzt 300.000 Barrel Diesel aus Frankreich zum Marktpreis erworben hat. Dies deutet darauf hin, dass die Zeiten subventionierter Lieferungen weitgehend vorbei sind und der Staat verstärkt auf den freien Markt angewiesen ist. Risiko eines landesweiten Stromausfalls Mit Beginn der Sommermonate dürfte sich die Lage weiter verschärfen. Derzeit liegt das Defizit zwischen Stromerzeugung und -bedarf bei 1.500 bis 1.600 Megawatt, während die Nachfrage rund 3.000 Megawatt beträgt. Wenn die Temperaturen steigen und der Verbrauch auf bis zu 3.500 Megawatt ansteigt, könnte es zu einem landesweiten Stromausfall kommen. Zudem arbeiten die wenigen verbliebenen Kraftwerksblöcke nur mit etwa 65 Prozent ihrer maximalen Kapazität. Die hohe Belastung erhöht das Risiko weiterer technischer Ausfälle. Die aktuelle Entwicklung verdeutlicht, dass das kubanische Energiesystem langfristig keine tragfähige Perspektive bietet. Piñón sieht als einzige Lösung eine wirtschaftliche Öffnung nach dem Vorbild Vietnams, das trotz eines kommunistischen Systems ausländische Investitionen in strategischen Bereichen zulässt. Kuba hält jedoch an seinem zentralisierten Modell fest, das private Investitionen in die Energieinfrastruktur verhindert. Solange sich an dieser Politik nichts ändert, dürfte das Land mit anhaltenden Versorgungsengpässen und zunehmenden Stromausfällen zu kämpfen haben.
Quelle: Martí Noticias (https://t1p.de/fhrm1)
Anzeige (G2)
|
|
Letzte Meldungen
Text: Leon Latozke
Anzeige (G1)
(adsbygoogle = window.adsbygoogle || []).push({});
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird veröffentlicht, sobald er genehmigt ist.
Antwort hinterlassen |
Dossiers
Mediathek
Anzeige (M2) Anzeige (G4) Archiv
nach Monaten
Mai 2025
|
Anzeige (G3) |