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Kubas Wirtschaft steckt weiterhin in der Krise. Die jüngste Zwischenbilanz des Wirtschaftsministeriums zeigt, dass die erhofften Effekte stabilisierender Maßnahmen ausgeblieben sind. Produktionsrückgänge, Devisenmangel und anhaltende Probleme in der Energieversorgung prägen das Bild. Während Reformen wie die Teildollarisierung und eine Unternehmensgesetzgebung angekündigt wurden, bleiben konkrete Details aus.
(Bildquelle: Cuba Si © N. a. )
Die jüngste Zwischenbilanz des kubanischen Wirtschaftsministeriums unterstreicht die anhaltende wirtschaftliche Misere des Landes. Wirtschaftsminister Joaquín Alonso Vázquez, der vor gut einem Jahr das Amt von seinem wegen Korruptionsvorwürfen entlassenen Vorgänger Alejandro Gil übernahm, musste ein düsteres Fazit ziehen. Laut der Parteizeitung Granma blieben die erhofften Effekte der im vergangenen Jahr implementierten Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft aus. Die Deviseneinnahmen entwickelten sich negativ, die Produktionsniveaus waren unzureichend, um die Grundversorgung zu sichern, und die Industrie litt unter Finanzierungsengpässen.
Premierminister Manuel Marrero äußerte deutliche Kritik an Alonso Vázquez und betonte, dass die Wirtschaft schrumpfe und es nicht gelinge, ihr neuen Schwung zu verleihen. Er forderte eine Neugestaltung der Wirtschaftssteuerung und die Maximierung des Machbaren, wobei er auf die angestrebte Dezentralisierung von Kompetenzen und Zuständigkeiten verwies. Alonso Vázquez nannte als Prioritäten für das laufende Jahr die Einführung eines neuen Mechanismus zur Zuteilung und Kontrolle von Devisen, die Fortsetzung der Teildollarisierung der Wirtschaft und die Reform der Staatsunternehmen, die in einem neuen Unternehmensgesetz münden soll. Konkrete Details zu diesen Maßnahmen wurden jedoch nicht bekannt gegeben, was von Ökonomen als mangelnde Kohärenz und Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Reformen kritisiert wird. Die vorliegenden Daten bestätigen das düstere Bild: Die Zuckerrohrernte fiel mit lediglich 160.000 Tonnen im Jahr 2024 katastrophal aus und lag 61 Prozent unter dem ohnehin niedrigen Plan. Ehemaliger Wirtschaftsminister José Luis Rodríguez berichtete, dass inzwischen 100 Prozent der Produkte des staatlichen Bezugshefts Libreta importiert werden müssen. Die Industrieproduktion sank 2023 auf 38,6 Prozent des Niveaus von 1989, und dieser Abwärtstrend konnte auch 2024 nicht gestoppt werden. Hinzu kommen massive Probleme bei der Stromversorgung aufgrund von Treibstoffmangel und Kraftwerksausfällen, die im letzten Jahr zu drei landesweiten Blackouts führten. Ein Lichtblick zeigte sich im Bereich der Tabakexporte: Mit Einnahmen von 820 Millionen US-Dollar konnte das staatliche Unternehmen Habanos S.A. seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 16 Prozent steigern. Ende 2024 kündigte Premierminister Marrero an, die sogenannte Dollarisierung des Landes zurückfahren zu wollen. Aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise sah man sich jedoch gezwungen, dem US-Dollar temporär mehr Bedeutung einzuräumen. Um dem informellen Tauschmarkt entgegenzuwirken, sollte der Wechselkurs des einheimischen Pesos flexibilisiert und tagesaktuell festgelegt werden, wobei ein konkreter Zeitpunkt für diese Maßnahme nicht genannt wurde. Ein wesentlicher Schritt ist die zunehmende Dollarisierung des Einzelhandels. So wurden im ganzen Land Geschäfte eröffnet, in denen ausschließlich in ausländischen Devisen bezahlt werden kann. Den Anfang machte im Januar 2025 der Supermercado 3ra y 70 im Havannaer Stadtteil Miramar, in dem der US-Dollar als Bargeld akzeptiert wird. Auch eine neue, mit Devisen aufladbare Prepaidkarte, genannt Tarjeta Clásica, kann dort zur Bezahlung genutzt werden. Die weitverbreiteten MLC-Karten funktionieren jedoch dort nicht. Unter der Präsidentschaft von Miguel Díaz-Canel, seit 2018 im Amt, nahm die landwirtschaftliche Produktion stetig ab. Zwischen 2019 und 2023 fiel sie um 35 Prozent. Die Zuckerernte erreichte im Erntejahr 2022/2023 nur noch 350.000 Tonnen, bei mehr als 400.000 Tonnen Eigenkonsum der Bevölkerung. Statt tatsächliche Strukturreformen durchzuführen, nahm die Importabhängigkeit bei Lebensmitteln weiter zu und lag 2024 bei mehr als zwei Milliarden US-Dollar. Die Lebensmittelknappheit führte zu einer Verteuerung der Waren auf den Bauernmärkten und damit zu einer verschärften Inflation. Kuba leidet seit der Corona-Pandemie unter einer schweren Wirtschaftskrise, die durch mangelhafte Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, regelmäßige Stromabschaltungen aufgrund maroder Kraftwerke und Mangel an Brennstoff sowie hoher Inflation gekennzeichnet ist. Die aktuelle Wirtschaftskrise gilt inzwischen als schlimmer als die sogenannte Spezialperiode in den 1990ern. Die kubanische Regierung wähnte sich Mitte 2024 in einer Art Kriegswirtschaft und kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, dieser zu begegnen. Dazu sollen unter anderem Haushaltskürzungen und stärkere Preiskontrollen gehören, die sich vor allem gegen die privaten klein- und mittelständischen Firmen richten, die zwar für Angebot sorgen, welches der Staat nicht in der Lage ist zu bieten, dies jedoch zu entsprechend hohen Preisen. Die kubanische Wirtschaft steht vor enormen Herausforderungen. Die bisherigen Maßnahmen zur Stabilisierung und Reformierung zeigen bislang wenig Wirkung. Ohne tiefgreifende strukturelle Veränderungen und eine konsequente Umsetzung von Reformen wird es schwierig sein, die Wirtschaft auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu bringen und die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.
Quellen: Granma (https://t1p.de/kti3n), Cuba Si (https://t1p.de/q52eb), Cubadebate (https://t1p.de/j6mzx)
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Text: Leon Latozke
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