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Kunst als Widerstand: Wie ein kubanischer Illustrator mit provokanten Covern Trump herausfordert23/6/2025
Der in Kuba geborene Illustrator Edel Rodríguez gehört zu den prominentesten visuellen Kommentatoren der US-amerikanischen Politik. Bekannt wurde er durch seine provokanten Titelillustrationen für internationale Magazine wie Time und Der Spiegel, in denen er sich vor allem mit dem ehemaligen und aktuellen US-Präsidenten Donald Trump auseinandersetzt. Im Zuge von Trumps zweiter Amtszeit verschärft Rodríguez seine künstlerische Kritik und beschreibt seine Arbeit als Teil eines gesellschaftlichen Diskurses, in dem das Schweigen die eigentliche Gefahr darstelle.
Rodríguez, Jahrgang 1971, wuchs in Havanna auf und kam 1980 im Rahmen des sogenannten Mariel-Exodus mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten. Heute lebt und arbeitet er in New Jersey. Seinen Weg in die USA und das Leben als Exilkubaner hat er in der grafischen Autobiografie Worms verarbeitet – ein Titel, der auf eine in Kuba gängige diffamierende Bezeichnung für Regimekritiker anspielt. Bekannt wurde Rodríguez insbesondere durch seine Titelbilder, auf denen er Trump in stark überzeichneten, oft metaphorisch aufgeladenen Szenarien darstellt. Mal erscheint der ehemalige Präsident als schmelzender Meteor, mal als Abrissbirne, mal als Welle, die Washington zu verschlingen droht. Die bevorzugten Farben Gelb und Orange dominieren seine Darstellungen und verleihen seinen Arbeiten eine visuelle Wiedererkennbarkeit, die über die USA hinaus internationale Aufmerksamkeit erlangt hat. In der jüngsten Ausgabe des Magazins Time vom Juni dieses Jahres ist Trump erneut zentrales Motiv: Zu sehen ist ein schreiender Präsident, dessen Haar sich zur brennenden Flamme der Freiheitsstatue formt – umgeben von Stacheldraht. Das Bild kommentiert die verschärfte Einwanderungspolitik in der zweiten Amtszeit Trumps. Rodríguez sieht in dieser Politik eine gezielte Attacke auf Migrantinnen und Migranten – insbesondere auf die lateinamerikanische Community, zu der er sich selbst zählt. Während seiner ersten Amtszeit habe er seine Kunst vor allem als Mittel der Aufklärung verstanden, erklärt Rodríguez in einem Interview mit der Nachrichtenagentur EFE. Inzwischen gehe es ihm darum, sich selbst und andere vor einer zunehmend repressiven politischen Agenda zu schützen. Der Künstler betont dabei, dass er keine Parteipropaganda betreibe, sondern seine persönliche Haltung künstlerisch zum Ausdruck bringe. „Ich glaube, weil ich in Kuba geboren bin, sehe ich alles, was nach Propaganda aussieht, mit Skepsis“, so Rodríguez. „Ich möchte kein Propagandist sein, sondern ein Künstler, der seine Meinung äußert.“ Diese Haltung ist auch mit Blick auf seine Biografie nachvollziehbar. Die Erfahrung, in einem autoritär regierten Staat aufgewachsen zu sein, habe ihn sensibel für politische Instrumentalisierung von Kunst gemacht, sagt Rodríguez. Gleichwohl versteht er seine Arbeit als Teil eines größeren gesellschaftlichen Prozesses, in dem Kunst eine Rolle als dokumentarisches und identitätsstiftendes Element einnimmt. Rodríguez’ Illustrationen sind längst nicht mehr nur auf Magazinseiten zu finden. Bereits 2017 wurden seine Werke von Demonstrierenden auf Protestplakaten verwendet. In den vergangenen Monaten, mit dem Wiedererstarken Trumps, greifen erneut viele auf seine Motive zurück. Der Künstler erlaubt dies ausdrücklich und sieht darin eine Form von kultureller Partizipation: „Mein Werk ist ein Produkt der Gesellschaft, sie kann damit machen, was sie will.“ Derzeit beobachtet Rodríguez eine zunehmende Zurückhaltung in den Medien, was die Veröffentlichung politisch zugespitzter Kunst betrifft. Auch etablierte Publikationen agierten vorsichtiger, so seine Einschätzung. Für ihn ist dies jedoch kein Grund, sich zurückzuziehen. „Ich habe keine Angst vor Risiken“, sagt er. „Wenn man einmal alles hinter sich lässt und mit seiner Familie in einem Boot das Meer überquert, dann hat man keine Angst mehr.“ Viel gefährlicher als mögliche Repressalien sei das Verstummen: „Der wahre Feind ist das Schweigen, denn im Schweigen entsteht die Diktatur.“ Mit dieser Aussage verweist Rodríguez nicht nur auf politische Entwicklungen in den USA, sondern zieht auch eine Parallele zur Situation in seinem Herkunftsland. Die implizite Kritik an der politischen Lage in Kuba bleibt dabei unüberhörbar: Wer sich nach einem autoritären System sehne, solle dorthin zurückkehren, bemerkt er mit Blick auf das politische Klima unter Trump. Eine Rückkehr nach Kuba ist für ihn keine Option. Rodríguez’ Werk steht exemplarisch für eine Form politischer Kunst, die sich durch persönliche Betroffenheit, visuelle Schärfe und mediale Reichweite auszeichnet. Seine Zeichnungen sind weniger politischer Aktivismus im klassischen Sinn als vielmehr künstlerische Stellungnahmen, die im öffentlichen Diskurs eine wichtige Rolle einnehmen. Dass seine Arbeiten regelmäßig von internationalen Medien veröffentlicht und von Protestbewegungen aufgegriffen werden, zeigt ihre Relevanz weit über die Kunstszene hinaus. Für die kubanische Öffentlichkeit und die Diaspora stellt Rodríguez ein bemerkenswertes Beispiel dar: ein Künstler, der seine Herkunft nicht verleugnet, zugleich aber die politische Realität beider Länder – der USA und Kubas – kritisch reflektiert. In einer Zeit wachsender politischer Spannungen sieht er in seiner Kunst ein Mittel der Verteidigung demokratischer Grundwerte – gegen autoritäre Tendenzen, gegen Einschüchterung und gegen das Vergessen.
Quelle: EFE (https://t1p.de/p6ceq)
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Text: Leon Latozke
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