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Leonardo Padura, einer der bekanntesten kubanischen Schriftsteller, blickt mit Sorge auf die Zukunft Havannas. In seinem neuen Buch Ir a La Habana beschreibt er den physischen und moralischen Verfall der Stadt, die einst als magischer Ort galt.
Der renommierte kubanische Schriftsteller Leonardo Padura sieht die Zukunft der Hauptstadt seines Heimatlandes mit großer Sorge. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur EFE beklagte der 69-jährige Autor, dass es kaum noch Gründe gebe, mit Optimismus auf Havanna zu blicken. Der physische Verfall der Stadt gehe einher mit einem moralischen Niedergang ihrer Bewohner.
Ein Buch als Klagelied auf Havanna Padura befindet sich derzeit in Mexiko, um sein neues Buch Ir a La Habana zu präsentieren. Das Werk, das von der Verlagsgruppe Tusquets veröffentlicht wurde, ist eine Mischung aus literarischer Chronik und persönlicher Reflexion über die Geschichte und Gegenwart der Stadt, die Padura einst als magischen Ort erlebte. Doch dieser Zauber scheint zunehmend zu verblassen. Der Autor, bekannt für seine Kriminalromane um den Ermittler Mario Conde, beschreibt in Ir a La Habana nicht nur den physischen Verfall der Stadt, sondern auch die Veränderung ihrer gesellschaftlichen Strukturen. Die Menschen hätten sich an den Niedergang angepasst, es entwickelten sich Verhaltensweisen, die Padura als fremdartig und manchmal sogar feindselig empfindet. Um dieses Gefühl auszudrücken, prägte er das Wort "ajenitud", eine Art Entfremdung gegenüber seiner eigenen Heimat. Der Zerfall als Spiegel der Gesellschaft „Die Menschen verhalten sich mit einer moralischen Erosion, die dem physischen Verfall der Stadt entspricht“, konstatiert Padura. Havanna, einst eine pulsierende Metropole mit reicher Kultur und Lebensfreude, ist für ihn zu einem Ort des Mangels und der Resignation geworden. In den 1940er- und 1950er-Jahren habe die Stadt noch eine glanzvolle Ausstrahlung besessen, doch mit den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte sei dieser Glanz erloschen. Besonders besorgt zeigt sich Padura über das Anwachsen von Armut, Gewalt und sozialer Ungleichheit. Während sich einige eine exklusive Parallelwelt mit Restaurants und Clubs leisten könnten, hätten viele Habaneros nicht einmal genug für das tägliche Leben. Die fortschreitende Marginalisierung weiter Teile der Bevölkerung sei ein sichtbares Zeichen der Krise. Ein Leben in der Stadt des Verfalls Trotz seiner kritischen Sichtweise bleibt Padura seiner Stadt treu. Er lebt weiterhin in Mantilla, einem südlichen Stadtteil Havannas, weit entfernt von den touristischen Zentren. Dort schreibt er seine Bücher, beobachtet das Leben und nutzt die Erinnerungen der Menschen um ihn herum als Inspiration. Die Tatsache, dass ihn die kubanische Bevölkerung trotz seines internationalen Ruhms kaum erkennt, erlaubt es ihm, anonym durch die Stadt zu streifen. In den alten amerikanischen „Almendrones“, den Sammeltaxis Havannas, taucht er in den Alltag der Menschen ein. Er erlebt hautnah, wie sich das soziale und kulturelle Gefüge verändert. Die laute Musik aus den Lautsprechern, meist Reggaeton, sei für ihn ein weiteres Symbol des gesellschaftlichen Verfalls. Doch er betont, dass nicht die Musik selbst das Problem sei, sondern das, was sie widerspiegele: ein Mangel an Perspektiven, Bildung und sozialem Zusammenhalt. Hoffnung durch Einheit? Obwohl Padura sich ungern zur Politik äußert, formuliert er eine klare Botschaft für die Zukunft Kubas: Ein Wandel sei nur möglich, wenn alle Kubaner gemeinsam an einem Strang ziehen – unabhängig von Ideologie, Religion oder Herkunft. Dabei verweist er auf eine Metapher, die in Kuba tief verwurzelt ist: das kleine Boot der Virgen de la Caridad del Cobre, der Schutzheiligen Kubas. In der Legende rudern ein Weißer, ein Indigener und ein Schwarzer gemeinsam durch einen Sturm. Padura sieht hierin ein Sinnbild für die Einheit, die notwendig wäre, um Kuba aus seiner Krise zu führen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Leidenschaften die Vernunft besiegen und die Spaltungen die Notwendigkeit der Eintracht überwiegen“, betont er. Ein schmerzhafter Blick auf die Heimat Paduras Stimme ist eine der wenigen unabhängigen literarischen Stimmen Kubas, die trotz aller Widrigkeiten auf der Insel bleibt und sich nicht scheut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Sein Werk dokumentiert nicht nur den Verfall Havannas, sondern auch die Auswirkungen auf die Menschen, die dort leben. Mit Ir a La Habana legt Padura ein Buch vor, das weniger eine Liebeserklärung als vielmehr eine traurige Bestandsaufnahme ist – geschrieben von einem Mann, der seine Stadt liebt, aber nicht mehr weiß, ob sie noch zu retten ist.
Quelle: EFE (https://t1p.de/mxzh2)
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Text: Leon Latozke
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