Neues aus Kuba
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Der Tourismus in Kuba steckt weiter in der Krise: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 sank die Zahl der internationalen Besucher im Vergleich zum Vorjahr um über 300.000. Besonders stark ist der Rückgang in wichtigen Herkunftsländern wie Russland und Kanada.
Abbildung: Immer weniger Touristen besuchen Kuba. Foto von Gower Brown auf Unsplash
Der Tourismus auf Kuba befindet sich in weiterhin einem dramatischen Abwärtstrend. Laut aktuellen Zahlen des kubanischen Statistikamtes ONEI besuchten in den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 lediglich 1,17 Millionen Menschen die Karibikinsel – ein Rückgang um 20,6 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Noch deutlicher fällt der Einbruch bei den internationalen Besuchern aus: Nur 862.343 Reisende kamen aus dem Ausland – ein Minus von 26,6 % gegenüber 2024. Dieser Rückgang entspricht einem Verlust von über 312.000 ausländischen Touristen und markiert eine besorgniserregende Tendenz in einem der wirtschaftlich wichtigsten Sektoren des Landes.
Besonders hart trifft es die für Kuba bedeutendsten Herkunftsländer: Aus Russland reisten 45,6 % weniger Menschen an, aus Kanada – traditionell der wichtigste Quellmarkt – 28,5 % weniger. Die Zahl der Besucher aus der kubanischen Diaspora sank um 22,6 %, während die USA einen Rückgang von 19 % verzeichneten. Auch europäische Länder wie Deutschland (-33 %), Frankreich (-26,8 %), Italien (-25,7 %) und Spanien (-25,4 %) zeigen ein deutlich nachlassendes Interesse an Kuba als Reiseziel. Die Ursachen für den Absturz sind vielfältig. Neben einem insgesamt verschärften Wettbewerbsumfeld im karibischen Raum leidet Kuba unter strukturellen Problemen: Inflation, eine mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten, wiederkehrende Stromausfälle sowie eine prekäre Sicherheitslage mindern die Attraktivität der Insel. Diese Faktoren wirken sich direkt auf das touristische Erlebnis aus – bei gleichzeitig steigenden Preisen und sinkendem Service-Niveau. Noch 2019 konnte Kuba im selben Zeitraum fast 2,2 Millionen internationale Besucher begrüßen – heute sind es weniger als 900.000. Die Zahlen liegen damit mehr als 60 % unter dem Vorkrisenniveau. Das Land bleibt weit hinter seinen eigenen Zielsetzungen zurück: Die Regierung hatte sich für das Jahr 2025 vorgenommen, 2,6 Millionen internationale Touristen zu empfangen. Nach fünf Monaten wurde davon nicht einmal ein Drittel erreicht. Besonders auffällig ist, dass dieser Rückgang trotz massiver staatlicher Investitionen in den Tourismussektor erfolgt. So werden weiterhin neue Hotelanlagen gebaut, obwohl die Auslastung der bestehenden Infrastruktur alarmierend gering ist. Im ersten Quartal 2025 lag die durchschnittliche Hotelbelegung bei nur 24,1 % – ein Tiefstand, der selbst in der Hochsaison kaum überschritten wurde. Die Zahl der Übernachtungen sank im gleichen Zeitraum von 5 Millionen auf 3,6 Millionen, während die Einnahmen des Tourismussektors in Landeswährung um mehr als 21 % zurückgingen. Auch internationale Hotelketten wie Meliá melden deutliche Einbußen. Der Umsatz pro verfügbarem Zimmer sank um 20,8 %, die durchschnittliche Belegung lag bei nur 40,5 %. Damit verliert Kuba zunehmend den Anschluss an andere karibische Destinationen. Die Dominikanische Republik etwa konnte allein im ersten Quartal 2025 einen neuen Besucherrekord von über drei Millionen Touristen verzeichnen. Kritik an der offiziellen Linie wächst. Der kubanische Ökonom Pedro Monreal sprach von einer strukturellen Krise, nicht von einer konjunkturellen Schwäche. Die fortgesetzten Investitionen in Hotels bezeichnete er angesichts leerer Betten als widersprüchlich zur Realität. Auch politisch ist ein Kurswechsel spürbar. Tourismusminister Juan Carlos García Granda äußerte jüngst in einem Interview mit der spanischen Zeitung El País Überlegungen zur Schaffung eines regionalen lateinamerikanischen Tourismusraums mit einem einheitlichen Visum – ähnlich dem Schengen-System in Europa. Damit solle vor allem die Abhängigkeit vom europäischen Markt reduziert werden, dessen Desinteresse man inzwischen offen einräumt. Neue Besucherströme aus China und Russland sollen helfen, das Vakuum zu füllen – auch wenn die Zahlen aus diesen Ländern derzeit rückläufig sind oder – im Fall Chinas – noch keine bedeutende Rolle spielen. Parallel dazu verschiebt sich das wirtschaftliche Machtgefüge auf der Insel. Während russische Investitionen zuletzt ausblieben oder weit hinter den Ankündigungen zurückblieben – etwa bei der Wiederbelebung eines Stahlwerks oder dem Bau von Ferienanlagen –, übernimmt China zunehmend die Rolle des wichtigsten Partners. Über die sogenannte Belt and Road Initiative (BRI) fließen Milliarden in kubanische Infrastrukturprojekte, insbesondere in den Energiesektor. Ein von China finanzierter Solarpark bei Havanna mit einer Leistung von 21 MW wurde im Februar 2025 eröffnet, 55 weitere Anlagen sollen folgen und noch 2025 eine Gesamtleistung von 1.100 MW erreichen. Chinas Engagement bietet eine wichtige, wenn auch risikobehaftete Unterstützung inmitten der Energiekrise auf der Insel. Während Russland vor allem mit Versprechungen glänzt, realisiert China konkrete Projekte – wenn auch unter Bedingungen, die die Abhängigkeit Kubas von einem einzelnen internationalen Akteur vertiefen könnten. Experten warnen davor, dass ausländische Investitionen zwar kurzfristig Entlastung bringen, aber keine nachhaltige Lösung für die tiefgreifenden wirtschaftlichen und strukturellen Probleme des Landes darstellen. In der Summe zeigt sich ein beunruhigendes Bild: Der Tourismus als ökonomische Säule Kubas schwankt gefährlich, während sich geopolitische Abhängigkeiten verlagern und vertiefen. Die angekündigte Erholung des Sektors bleibt aus, die Strategie der Regierung wirkt zunehmend unrealistisch – und die einstige Traumdestination Kuba verliert weiter an Glanz.
Quelle: Pedro Monreal/X (https://t1p.de/btfpg)
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Text: Leon Latozke
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