Neues aus Kuba
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(Bildquelle: Cibercuba © N. a. )
Inmitten einer tiefgreifenden Versorgungskrise, unter der die kubanische Bevölkerung massiv leidet, haben kubanische und slowakische Unternehmen eine neue Produktlinie für Frühstückscerealien vorgestellt – exklusiv für den Tourismussektor. Wie die offizielle Nachrichtenagentur Agencia Cubana de Noticias (ACN) am Mittwoch (16.) berichtete fand die Präsentation im traditionsreichen Hotel Nacional in Havanna statt und unterstreicht ein Spannungsverhältnis, das sich seit Jahren verschärft: Während die Versorgungslage für die Bevölkerung prekär bleibt, investiert der kubanische Staat weiterhin gezielt in touristische Infrastruktur und Dienstleistungen.
Die neue Produktlinie ist demnach das Ergebnis einer Kooperation zwischen der slowakischen Investmentgruppe Proxenta und der kubanischen staatlichen Lebensmittelgesellschaft Coralsa. Gemeinsam gründeten sie das Joint Venture Proxcor S.A., das bereits seit 2019 in der kubanischen Lebensmittelproduktion aktiv ist. Unter der Marke “Guaní” bringt Proxcor nun Frühstückscerealien auf den Markt, die laut Angaben der Unternehmensleitung speziell für Hotels und touristische Einrichtungen bestimmt sind. Die Lebensmittel sollen nach eigenen Aussagen ohne Konservierungsstoffe und ausschließlich mit natürlichen Zutaten wie Honig, Kakao, Kokosnuss und Erdnüssen aus kubanischer Produktion hergestellt werden. Die Verpackung sei zudem umweltfreundlich gestaltet. ACN betonte, dass mit dem Projekt ein Beitrag zur Substitution von Importen geleistet werden solle. Bislang war Kuba gezwungen, Frühstückscerealien aus Ländern wie Spanien oder Mexiko zu importieren – ein kostspieliges Unterfangen in einer ohnehin wirtschaftlich angespannten Lage. Dass nun mit Guaní ein lokales Produkt für den Tourismussektor bereitsteht, wird von der Regierung als wirtschaftspolitischer Fortschritt gewertet Exklusives Produkt in einem gespaltenen Markt Die Verfügbarkeit des neuen Produkts bleibt jedoch auf den Tourismussektor beschränkt. Für die kubanische Bevölkerung, die nach wie vor mit gravierenden Versorgungsengpässen kämpft, bleiben die neuen Cerealien unerreichbar. Dass Produkte von hoher Qualität ausschließlich ausländischen Gästen vorbehalten bleiben, sorgt auf der Insel für Kritik – auch wenn diese in staatlich kontrollierten Medien kaum geäußert wird. Unabhängige Berichterstattung weist hingegen deutlich auf die Kluft zwischen den wirtschaftlichen Prioritäten der Regierung und den alltäglichen Nöten der Bevölkerung hin. Wie ACN weiter berichtet, erklärte die Geschäftsführerin von Proxcor, Zuzana Skolárová, bei der Vorstellung des Produkts, dass die neue Produktionslinie insbesondere dem Bedarf der Tourismusbranche gerecht werden solle, da es bislang keine entsprechende kubanische Produktionsstätte für Cerealien gegeben habe. Ergänzt wurde dies durch Alejandro Castellanos, den Marketing- und Exportdirektor der Firma, der die Natürlichkeit des Produkts und dessen umweltschonende Verpackung hervorhob. Ein direktes Zeichen für den exklusiven Verwendungszweck ist die Unterzeichnung von Lieferverträgen mit den Hotelketten Cubanacán und Gran Caribe, die den neuen Frühstücksartikel künftig in ihren Einrichtungen anbieten wollen. Die Erzeugnisse von Guaní sind somit Teil einer gezielten Strategie, den Aufenthalt ausländischer Gäste trotz wirtschaftlicher Notlagen weiterhin attraktiv zu gestalten. Slowakisches Engagement auf Expansionskurs Das Joint Venture Proxcor hat seinen Sitz in der Provinz Villa Clara, wo es in der Industriezone von Caibarién eine Produktionsanlage betreibt. Die Fabrik, ursprünglich eine klassische Süßwarenproduktion, wurde im Zuge der Zusammenarbeit mit Proxenta modernisiert und ausgebaut. Dort werden heute neben Cerealien auch Kekse, Waffeln und Bonbons hergestellt. Laut Unternehmensangaben soll die Produktionskapazität bis 2027 auf 17.000 Tonnen jährlich steigen, womit man nahezu den gesamten bisherigen Importbedarf ersetzen könnte. Die Investitionen der Slowaken auf der Insel sind Teil eines längerfristigen wirtschaftspolitischen Kurses. Bereits 2015 hatte der damalige slowakische Premierminister Robert Fico bei einem Besuch in Havanna das Interesse seiner Regierung an einer Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Kuba bekundet. Seitdem sondiert die Slowakei kontinuierlich Investitionsmöglichkeiten auf der Karibikinsel. Die Laufzeit des Joint-Venture-Vertrags beträgt laut Proxenta 25 Jahre – während dieser Zeit ist dem Unternehmen der Absatz seiner gesamten Produktion garantiert. Ein weiterer Baustein dieser Strategie ist die Erschließung des slowakischen Reisemarkts. Die kubanische Regierung betrachtet die Slowakei als potenziell wichtigen Herkunftsmarkt für Touristen und bemüht sich daher um direkte Flugverbindungen zwischen Bratislava und verschiedenen kubanischen Reisezielen. Symbol für Prioritätenverschiebung Die Präsentation der Frühstückscerealien ist ein Beispiel für die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der kubanischen Führung, die das knappe Angebot auf der Insel zunehmend nach den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs ausrichtet. Während Investitionen in den Lebensmittelsektor grundsätzlich begrüßenswert sind, bleibt die Ausrichtung auf den exklusiven Gebrauch im Tourismussektor symptomatisch für die ökonomische Schieflage: Kubanische Unternehmen und ihre internationalen Partner investieren gezielt in Bereiche mit Devisenerträgen – Produkte für die breite Bevölkerung bleiben hingegen Mangelware. Die steigende soziale Ungleichheit, der eingeschränkte Zugang zu Lebensmitteln und die enge Verflechtung von Wirtschaft und Staat machen deutlich, dass selbst scheinbar positive wirtschaftliche Entwicklungen wie neue Produktionslinien oder internationale Kooperationen nicht zwangsläufig den Alltag der kubanischen Bürger verbessern. Vielmehr spiegeln sie die grundsätzliche Ausrichtung der kubanischen Wirtschaft wider: Tourismus, Export und selektive Modernisierung – jedoch kaum strukturelle Verbesserungen für den Großteil der Bevölkerung.
Quelle: YouTube (https://t1p.de/jcsfq)
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Text: Leon Latozke
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