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Der kubanische Peso verliert weiter an Wert, der US-Dollar und Euro erreichen neue Höchststände auf dem informellen Markt. Gründe sind eine zunehmende Dollarisierung des Konsums, ein starker Produktionsrückgang, überschüssige Geldmengen und ein Einbruch der Tourismuseinnahmen. Hinzu kommt wachsendes Misstrauen in die Wirtschaftspolitik der Regierung.
16.10 2025 07:58 Uhr
Der kubanische Peso verliert weiter rapide an Wert. Nach Einschätzung der NGO Observatorio de Monedas y Finanzas de Cuba (OMFi) ist die Nachfrage nach Devisen auf der Insel im Oktober 2025 erneut deutlich gestiegen. Der informelle Devisenmarkt hat sich dabei zu einem zentralen Schauplatz einer tiefen Vertrauenskrise entwickelt. Die Ursachen reichen von einem strukturellen Produktionsrückgang über eine wachsende Dollarisierung bis hin zu fehlenden Einnahmen aus dem Ausland.
Wachsende Dollarabhängigkeit Ein entscheidender Faktor ist die fortschreitende Dollarisierung des Alltags. Immer mehr Konsumgüter und Dienstleistungen sind ausschließlich in US-Dollar, Euro oder in der sogenannten MLC (Moneda Libremente Convertible) erhältlich. Haushalte mit Einkommen in Pesos haben dadurch immer weniger Zugang zu grundlegenden Waren. Auch das staatliche MLC-System, das ursprünglich den inländischen Zahlungsverkehr in Fremdwährungen bündeln sollte, verliert an Akzeptanz. Der offizielle Kurs von 1 MLC zu 1 US-Dollar steht in keinem Verhältnis mehr zur Realität: Auf dem informellen Markt liegt der Kurs bei mehr als zwei MLC pro Dollar. Gründe sind ein ausgedünntes Netz an Akzeptanzstellen, unregelmäßige Warenverfügbarkeit und die fehlende Absicherung durch harte Währungen. Damit verliert die MLC faktisch ihren Wert als verlässliches Zahlungsmittel. Diese Entwicklung verschärft die soziale Ungleichheit: Wer über Devisen verfügt, kann seinen Lebensstandard zumindest teilweise sichern. Wer auf Peso-Einkommen angewiesen ist, verliert kontinuierlich an Kaufkraft. Produktionsrückgang und Kapitalabfluss Die wirtschaftliche Basis des Landes ist deutlich geschwächt. Energieengpässe, fehlende Rohstoffe und Finanzierungsschwierigkeiten haben die inländische Produktion erheblich eingeschränkt. Private Klein- und Mittelbetriebe, die inzwischen ein wesentlicher Bestandteil der nichtstaatlichen Wirtschaft sind, müssen Waren zunehmend im Ausland einkaufen. Dafür benötigen sie Devisen – und konkurrieren mit Haushalten und anderen Akteuren um ein knappes Angebot. Hinzu kommt Kapitalflucht. Viele Unternehmen und Privatpersonen sichern ihre Ersparnisse, indem sie diese in US-Dollar, Euro oder Kryptowährungen umwandeln. Manche transferieren ihr Kapital ins Ausland, um es vor weiterer Entwertung zu schützen. Diese Entwicklung entzieht dem Land zusätzliche Liquidität und verschärft den Druck auf den Wechselkurs. Zu viele Pesos, zu wenige Devisen Parallel dazu hat sich ein strukturelles Missverhältnis zwischen der im Umlauf befindlichen Geldmenge und den verfügbaren Devisen aufgebaut. Die Regierung hat über Jahre hinweg große Mengen an Pesos in den Wirtschaftskreislauf eingespeist, ohne dass diesen reale Produktionsleistungen gegenüberstehen. Diese überschüssige Geldmenge trifft nun auf einen immer knapper werdenden Devisenbestand. Wer über Ersparnisse in Pesos verfügt, versucht, diese so schnell wie möglich in stabile Währungen umzutauschen. Das verstärkt die spekulative Dynamik auf dem Schwarzmarkt. Gleichzeitig bricht eine zentrale Devisenquelle ein: der Tourismus. Die Einnahmen aus dem Auslandsgeschäft sind deutlich gesunken und können das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt nicht mehr ausgleichen. Markt geprägt von Misstrauen Nach Einschätzung des OMFi wird der Wechselkurs inzwischen nicht mehr allein von klassischen wirtschaftlichen Fundamentaldaten bestimmt. Entscheidend seien Erwartungen und ein wachsendes Misstrauen gegenüber der Wirtschaftspolitik der Regierung. Versuche, die Kurse administrativ zu beeinflussen, hätten die Unsicherheit zusätzlich verstärkt. Der Dollar kostet auf dem informellen Markt derzeit rund 462 Pesos, der Euro etwa 520 Pesos, die MLC rund 215 Pesos. Die Projektionen des Observatoriums gehen davon aus, dass der Dollar in den kommenden Wochen die 500-Peso-Marke überschreiten könnte. Für den Euro wird ein Anstieg auf rund 550 Pesos erwartet. Tieferliegende Ursachen Die Ursachen dieser Entwicklung sind struktureller Natur: Eine wachsende Dollarisierung, ein Rückgang der Produktion, eine übermäßige Geldmenge, Kapitalflucht und ein Rückgang der Devisenzuflüsse. Zugleich fehlt es an Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung, die Krise durch wirksame wirtschaftspolitische Maßnahmen zu stabilisieren. Die Folgen sind weitreichend. Mit jedem Anstieg des Dollarkurses verliert der Peso an Wert – und mit ihm die Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung. Die Schere zwischen offizieller Wirtschaft und realer Versorgungslage öffnet sich weiter. Kurzfristig zeichnet sich kein Wendepunkt ab. Die Dynamik auf dem Devisenmarkt spiegelt eine tieferliegende Vertrauenskrise wider, die die wirtschaftliche und soziale Lage des Landes nachhaltig prägt.
Quelle: Havana Times (https://t1p.de/4qojd)
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Text: Leon Latozke
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