Neues aus Kuba
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Mit Preisen von bis zu 500 Pesos pro Pfund und einer stark reduzierten Produktion steht der kubanische Zuckersektor vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen, die Bevölkerung und Industrie gleichermaßen betreffen.
Die Zuckerknappheit in Kuba spitzt sich weiter zu. In privaten Geschäften wird ein Pfund Zucker inzwischen für bis zu 500 Pesos verkauft, während die staatlich rationierte Verteilung in vielen Provinzen monatelang ausbleibt. Diese Situation verschärft die Lebensbedingungen in einem Land, in dem Zucker traditionell eine zentrale Rolle spielt. In Santiago de Cuba beschreibt ein Bewohner die Misere: „Hier wird Zucker für fast alles verwendet. Ohne Zucker gibt es nichts.“ Doch angesichts der aktuellen Preise können viele Kubaner sich Zucker kaum noch leisten – das durchschnittliche Monatseinkommen reicht lediglich für den Kauf von etwa 10 Pfund.
Die Auswirkungen der Krise treffen auch die Wirtschaft. In Havanna musste eine Süßwarenhandlung aufgrund der Zuckerpreise schließen. Kleine und mittlere Unternehmen (Micro, Pequeña y Mediana Empresa - MIPYME), die auf Zucker angewiesen sind, kämpfen ums Überleben. Die Schließung der Konditorei in Nuevo Vedado, die zwei junge Angestellte beschäftigte, ist symptomatisch für die dramatische Lage vieler kleiner Betriebe. Die hohen Preise und die unregelmäßige Verfügbarkeit des Grundnahrungsmittels machen es den Unternehmen unmöglich, rentabel zu wirtschaften. In den sozialen Netzwerken fragen verzweifelte Konsumenten nach Zucker zu erschwinglichen Preisen, sei es für den täglichen Bedarf oder um einfache Desserts herzustellen. Während Zucker früher in jeder kubanischen Küche zum Standard gehörte, ist das Produkt heute für viele fast unerreichbar. Die Ursachen der Krise liegen tief: Die Zuckerproduktion Kubas befindet sich seit Jahren im freien Fall. Früher war das Land ein bedeutender Zuckerexporteur. Heute ist die Produktion so stark gesunken, dass Kuba Zucker importieren muss, um den eigenen Bedarf zu decken. Jede Zuckerernte seit 2020 wird als die schlechteste der letzten 100 Jahre bewertet. Für die Ernte 2023 wurden gerade einmal 350.000 Tonnen Zucker produziert, ein Wert, der deutlich unter den historischen Erträgen liegt. Zum Vergleich: Die deutlich kleinere Insel Mauritius produzierte im selben Zeitraum rund 600.000 Tonnen Zucker. Auch die Zukunftsaussichten sind düster. Für die kommende Zafra-Saison 2024-2025 wird die Zahl der Zuckermühlen auf nur 15 reduziert. Zum Vergleich: Im Jahr 1959, vor der Revolution, gab es auf der Insel noch 161 Zuckerfabriken, die in privater Hand in der letzten Zuckerernte 5,6 Millionen Tonnen Zucker produzierten. Dies unterstreicht die anhaltenden strukturellen Probleme in der kubanischen Zuckerindustrie. Salvador Valdés Mesa, der Vizepräsident der Republik, betonte zwar auf einer Sitzung in Havanna die Bedeutung der Zuckerindustrie für das Land und appellierte an das Engagement der Arbeiter. Doch gleichzeitig räumte er ein, dass die Branche tiefgreifende Investitionen benötigt, um überhaupt eine Chance auf Erholung zu haben. Die strukturellen Defizite sind zahlreich. Viele Zuckerfabriken sind veraltet, der Maschinenpark wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Hinzu kommen eine chronische Treibstoffknappheit sowie ungünstige klimatische Bedingungen, die die Ernten zusätzlich beeinträchtigen. Der Druck auf die kubanische Regierung wächst, die Zuckerrohrpreise wurden erhöht, und es wird versucht, die finanzielle Lage der Zuckerarbeiter zu verbessern. Doch diese Maßnahmen greifen bislang nicht, und die Erträge bleiben historisch niedrig. Die Folgen der Krise sind weitreichend. Neben der Bevölkerung, die mit den hohen Preisen zu kämpfen hat, ist auch die Industrie betroffen. Die Herstellung von natürlichen Medikamenten, die auf Zucker als Grundstoff angewiesen ist, stockt. Ebenso leidet die Rumproduktion unter der mangelhaften Zuckerernte, was die Exporte belastet und eine der wichtigsten Einnahmequellen Kubas gefährdet. Kuba, das einst zu den größten Zuckerproduzenten der Welt gehörte, steht nun vor der Herausforderung, einen seiner traditionsreichsten Wirtschaftszweige vor dem Kollaps zu bewahren. Ob strukturelle Reformen und Investitionen die Wende bringen können, bleibt fraglich. Fakt ist: Die Zuckerkrise hat das Land fest im Griff, und ein Ende ist nicht in Sicht.
Quelle: Trabajadores ((https://t1p.de/beufr)
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Text: Leon Latozke
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