Neues aus Kuba
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Vor zwei Jahren wurde das Unterseekabel Arimao als Meilenstein für Kubas digitale Zukunft gefeiert. Es sollte die Internetversorgung der Insel deutlich verbessern. Doch trotz offizieller Erfolgsmeldungen ist für viele auf der Karibikinsel kaum ein Fortschritt spürbar.
Symbolbild: A steelworker works on an underwater cable von Official U.S. Navy Page, Zuschnitt KUBAKUNDE, CC0 1.0
Im April 2025 jährt sich die Inbetriebnahme des Unterseekabels Arimao zum zweiten Mal. Die Verbindung, die Kuba mit dem französischen Überseegebiet Martinique verknüpft, sollte ursprünglich zu einer spürbaren Verbesserung der Internetversorgung auf der Insel führen. Die Erwartungen waren hoch: Kubas Regierung sprach von einem „effektiven Projekt“, das die nationale Konnektivität steigern und langfristig die digitale Infrastruktur des Landes modernisieren sollte.
Doch zwei Jahre später fällt die Bilanz ernüchternd aus. Der Alltag der Internetnutzer auf der Insel hat sich kaum verbessert. Von den angekündigten Effekten ist im öffentlichen Raum wenig sichtbar. Unabhängige Messungen zeichnen ein Bild, das mit den offiziellen Verlautbarungen kaum in Einklang zu bringen ist. Große Ankündigungen, geringe Wirkung Das Projekt Arimao wurde am 7. Dezember 2022 von der staatlichen Telefongesellschaft Etecsa angekündigt. Die Installation des Kabels erfolgte in Zusammenarbeit mit Orange Marine, einem Tochterunternehmen des französischen Telekomkonzerns Orange S.A. Bereits wenige Monate später vermeldeten kubanische Medien, dass erste Tests erfolgreich verliefen. Danach wurde es still um das Vorhaben. Erst im Januar 2025 äußerte sich Etecsa-Präsidentin Tania Velázquez wieder öffentlich zur Thematik. In einer Pressekonferenz erklärte sie, das neue Kabel habe die Konnektivität des Landes im Vergleich zu 2021 verdreifacht. Arimao sei ein „effektives Projekt“, die Verbindungen stabil und das Design funktionsfähig. Allerdings, so räumte Velázquez ein, bleibe der interne Ausbau hinter den technischen Möglichkeiten zurück. Besonders deutlich werde das an der Zahl der Mobilfunkstationen, die für eine flächendeckende Versorgung notwendig seien. Viele dieser Stationen litten unter den regelmäßig auftretenden Stromausfällen. Auch die steigende Datennutzung im privaten Sektor belaste das Netz zunehmend. Diskrepanz zwischen Darstellung und Realität Velázquez zufolge wird das Arimao-Kabel derzeit mit 80 Prozent seiner Kapazität betrieben und ermögliche eine globale Konnektivität von 380 Gigabit. Konkrete Angaben darüber, was das für den Alltag kubanischer Internetnutzer bedeutet, bleiben jedoch aus. Gleichzeitig belegen vom Nachrichtenportal elTOQUE gemeldete unabhängige Messungen eine deutlich andere Realität: Die durchschnittliche Internetgeschwindigkeit liegt laut externen Quellen bei rund 3 Mbit/s. In einigen Regionen erreichen Nutzer über mobile Netzwerke teils nicht einmal 1 Mbit/s. Zum Vergleich: Bereits im Jahr 2021 hatte demnach die Plattform DataReportal eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 15,5 Mbit/s für das Land ermittelt – eine Zahl, die den offiziellen Aussagen über eine Verdreifachung der Geschwindigkeit widerspricht. Auch der unabhängige Anbieter Fonoma verzeichnete zuletzt Geschwindigkeiten von etwa 2,1 Mbit/s im 3G- und knapp 20 Mbit/s im 4G-Netz. Die Lücke zwischen den offiziellen Versprechen und der tatsächlichen Netzqualität bleibt damit erheblich. Technische Möglichkeiten, begrenzte Wirkung Das Arimao-Kabel ist eines von insgesamt vier Unterseekabeln, die Kuba erreichen. Zwei davon – Arimao und das bereits 2011 installierte ALBA-1 – stehen der zivilen Nutzung zur Verfügung. Die übrigen beiden, GTMO-1 und GTMO-PR, bedienen ausschließlich die US-Militärbasis Guantánamo. Aus technischer Sicht dienen solche Kabel in erster Linie der Erweiterung der Netzkapazität – vergleichbar mit einer mehrspurigen Straße, die mehr Datenverkehr gleichzeitig ermöglicht, ohne die Geschwindigkeit einzelner Verbindungen zu erhöhen. Die tatsächliche Verbesserung der Internetversorgung hängt jedoch maßgeblich vom Ausbau der Infrastruktur innerhalb des Landes ab. In Kuba fehlt es hier sowohl an moderner Hardware als auch an der finanziellen Ausstattung, um flächendeckende Upgrades vorzunehmen. Etecsa verweist regelmäßig auf strukturelle und externe Ursachen für die schleppende Entwicklung: Neben dem Mangel an Devisen werden auch Sabotageakte sowie die Nutzung unerlaubter Signalverstärker als Gründe für Netzprobleme genannt. Zum Jahresende 2024 verfügten laut dem Ministerium für Kommunikation 7,2 Millionen Mobilfunkanschlüsse über einen Zugang zum Internet – bei einer Bevölkerung von rund elf Millionen Menschen ein durchaus beachtlicher Wert. Doch die tatsächliche Nutzbarkeit bleibt begrenzt. Geopolitische Isolation als strukturelles Problem Dass Kuba weiterhin auf wenige und teils ineffiziente Verbindungen angewiesen ist, hat auch geopolitische Gründe. Versuche, ein direktes Unterseekabel zwischen den USA und Kuba zu verlegen, scheiterten bislang durchweg. Seit den 1990er-Jahren gab es mehrere Anläufe, unter anderem einen Vorschlag von Google im Jahr 2018. Die US-Regierung lehnte jedoch eine Beteiligung Kubas am ARCOS-1-Kabel 2022 offiziell ab – aus Sorge, das Regime in Havanna könne den Zugang zur Spionage nutzen. Diese Blockadehaltung trägt dazu bei, dass Kuba trotz seiner geographischen Nähe zu den USA digital isoliert bleibt. Die vorhandenen Kabel bieten theoretisch Zugang zum globalen Datennetz, in der Praxis bleibt dieser Zugang jedoch eingeschränkt. Auch das Projekt ALBA-1, das Venezuela, Jamaika und Kuba verbindet, wurde von Anfang an von Intransparenz begleitet. Bereits sechs Monate nach dessen Aktivierung kam es in Havanna zur Festnahme eines hochrangigen Projektmanagers – ohne offizielle Begründung. Ausblick: Technisches Potenzial ohne Perspektive Die Einschätzung unabhängiger Fachleute fällt entsprechend kritisch aus. Die existierenden Unterseekabel bieten aus ihrer Sicht zwar eine technische Grundlage für ein moderneres Netz, doch solange Kuba nicht in der Lage ist, die innerstaatliche Infrastruktur zu modernisieren, bleibt dieses Potenzial ungenutzt. Die Diskrepanz zwischen technischer Kapazität und tatsächlicher Netzqualität dürfte sich somit auch in Zukunft fortsetzen. Zwei Jahre nach der Inbetriebnahme des Arimao-Kabels bleibt die zentrale Erkenntnis: Die erhoffte digitale Zeitenwende ist in Kuba bislang ausgeblieben. Zwar existiert eine zusätzliche Verbindung zum globalen Internet, doch ohne grundlegende Investitionen in Netzausbau, Stromversorgung und Infrastruktur bleibt sie für die meisten Nutzerinnen und Nutzer auf der Insel ohne spürbare Wirkung. Das Versprechen eines besseren Internets ist damit bislang vor allem ein symbolisches geblieben.
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Text: Leon Latozke
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