Die politische Realität holt Fidel Castro auf den Boden der Wirklichkeit. Nun rächt sich, dass Castro kein eindeutiges politisches Programm ausgegeben hatte. Nach und nach übernimmt er die Macht. Sein Führungsstil erweist sich als chaotisch und willkürlich. Castros Ministerriege spielt dabei bald keine Rolle mehr. Zu Beginn des Jahres 1959 übernimmt die Bewegung des 26. Juli, die gut zwei Jahre zuvor mit 82 Mann ins Land kam, unter der Führung von Fidel Castro die Macht in Kuba. Fidel Castro hält in diesen Tagen vor zehntausenden Kubanern sein erste begeisternde Rede, die mehrere Stunden dauert. Viele weitere solcher Reden werden folgen. Während Castro zum kubanischen Volk spricht und es auf die Revolution einschwört, fliegen mit einem Mal zwei weiße Tauben herbei und lassen sich auf den seinen Schultern nieder. Für die Kubaner und Castro ist nun klar, dass der Sieg der Revolution Gott gewollt ist und er der legitime Herrscher über die Insel ist. Doch der Siegestaumel hält nicht lange an, die bittere Realität der Politik holt Fidel Castro bald auf den Boden der Wirklichkeit. Die politischen Vorstellungen und Ziele innerhalb der Bewegung des 26. Juli sind zu unterschiedlich, bald treten Machtstreitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen zu Tage. Nun rächt sich, dass Castro bei der Gründung der Bewegung kein eindeutiges politisches Programm ausgegeben hatte. Fidel Castro sieht sich als Initiator und Auslöser des Siegs der kubanischen Revolution und als Beschützer der Rechte und Interessen des kubanischen Volkes. Er geht entschlossen und erbarmungslos gegen Widersacher in den eigenen Reihen vor und entledigt sich ihrer. Doch auch gegen den amerikanischen Imperialismus muss Kuba verteidigt werden. Castro bewaffnet also das Volk und gründet, verstreut über die ganze Insel unzählige zivile Territorialmilizen. Die eigentlich Machtübernahme vollzieht sich in Etappen. Als erstes ernennt Castro de 58-jährigen Richter Manuel Urrutia zum Präsidenten Kubas. Castro schätzt Urrutia als ehrbaren Politiker. Er selbst ist nach der Verfassung Kubas zu jung fürs Präsidentenamt, so begnügt er sich zunächst mit dem Posten des Oberkomandierenden der Streitkräfte. Doch Kubas neue Regierung ist eine Marionettenregierung. In Hintergrund ziehen Fidel Castro und eine kleine Gruppe ausgewählter Gefährten die Fäden. In dieser Zeit werden Anhänger und Aktivisten des Battista-Regimes im Schnellverfahren verurteilt und meist zum Tode verurteilt. Die erste große Auswanderungswelle setzt ein. Im Februar 1959 lässt sich Fidel Castro von Urrutia zum Premierminister ernennen und ist damit auch offiziell der erste Mann im Staat, der fortan alle Entscheidungen trifft. In der Folge entfernen sich Urrutia und Castro immer weiter voneinander. Die strikte Ablehnung des Präsidenten sich dem Kommunismus zu nähern, gipfelt schließlich im Rücktritt Urrutias im Juli 1959. Neuer Präsident wird der orthodoxe Kommunist Osvaldo Dorticós Torrado, der Castro treu ergeben ist. ![]() Ende Februar 1959 lernt der 32-jährige Fidel Castro die Deutsche Marita Lorenz kennen, die sich an Bord des Kreuzfahrtschiffs befindet, das unter dem Kommando ihres Vaters in Hafen von Havanna ankert. Castro verliebt sich bei der ersten Begegnung in die 19-Jährige und eine leidenschaftliche Affäre beginnt, die es bis in die Berichterstattung des SPIEGELS schafft. In den folgenden Jahren kann das Castroregime Entwicklungen durchsetzen, die bis heute selbst von seine ärgsten Kritikern als tatsächliche Errungenschaften akzeptiert werden. Insbesondere das kostenlose Gesundheits- und Bildungssystem für alle Kubaner sind unbestreitbare Verdienste der kubanischen Revolution. Bei der Machtübernahme konnten etwa 40 % der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. Ausbildung sieht Castro als vorrangiges Ziel, was später in eine groß angelegte und sehr erfolgreiche Alphabetisierungskampagne münden wird. Castro Führungsstil erweist sich aber als chaotisch und willkürlich, was immer wieder zu Streitigkeiten mit seinen engsten Vertrauten führt. Marita Lorenz, die Fidel Castro und Kuba nach neun Monaten verlässt, erinnert sich an diese Zeit: Fidel war überfordert mit seiner Arbeit. Er wurde völlig von seinen Gefühlen beherrscht, plante nur für einen Tag im Voraus. Jedes Problem, das sich ihm in den Weg stellte, packte er sofort an. Immer wieder verzettelte er sich, denn er war der einzige, der entschied. Castros Ministerriege spielt bei diesem Regierungsstil ohne Vernunft und Gesetz bald keine Rolle mehr. Martina Lorenz kehrt im Frühjahr 1961 noch einmal nach Kuba zurück. Von der CIA angeworben soll sie ihren ehemaligen Geliebten vergiften. Die Amerikaner haben inzwischen erkannt, wie groß Castros Hass auf die Vereinigten Staaten ist und welche Gefahr von ihm ausgeht. Doch sie führt das Attentat nicht aus. Die CIA wird danach mit noch mindestens dreißig weiteren Mordversuchen scheitern. Einmal mehr müssen sich Fidel Castros Gegner eingestehen, dass sie ihn weit unterschätzt haben. Nächstes Kapitel: Kommunismus
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