Nach dem Zerfall der Sowjetunion kollabiert Kubas Wirtschaft. Castro ruft die Sonderperiode in Friedenszeiten aus. Im Jahr 1993 ist die Lage so schlecht, dass Castro den Besitz von Devisen erlaubt und damit die Dollarisierung Kuba einleitet. Der real existierende Sozialismus sowjetischer Prägung ist auf Kuba dem Fidelismus gewichen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion kollabiert Kubas Wirtschaft Anfang der neunziger Jahr endgültig, das Bruttoinlandprodukt sinkt um fast 40 Prozent, es herrscht Lebensmittelknappheit, der drastische Einbruch der Erdöllieferungen führt zu einer massiven Energiekrise, die die nationale Produktion erheblich belastet. Castro ruft die Sonderperiode in Friedenszeiten aus und erlegt der Bevölkerung ungeheure Entbehrungen auf. Obwohl ein Fünftel der kubanischen Bevölkerung unter Waffen stehen, wendet sich diese nicht gegen Fidel. Es spricht für die Stabilität seines Systems, dass das Volk in Waffen Fidel während der dramatischen wirtschaftlichen Bedingungen der achtziger und neunziger Jahre nicht zum Teufel gejagt hat. Für Castro ist die Militarisierung der Gesellschaft keine Gefahr sondern Ausdruck der Demokratisierung: „Wir haben nicht nur das Votum des Volkes, wir haben auch die Waffen in den Händen des Volkes,. Kann ein Volk, das Waffen in seinen Händen hält, versklavt sein? ,. Kann ein Volk, das Waffen in seinen Händen hält, unterdrückt sein? Kann eine Poltik einem Volk aufgezwungen werden, das Waffen in den Händen hat? Und wie ist ein solches Wunder möglich, wenn es da nicht eine völlige Identifikation zwischen dem Volk und der Nation, zwischen dem Volk und der Revolution gibt?“ Castro ist überzeugt, dass es gerade jetzt gilt, dem Kapitalismus die Stirn zu bieten. Im Jahr 1993 ist die Lage allerdings so schlecht, dass Castro den Besitz von Devisen erlaubt und damit faktisch die Dollarisierung Kuba selbst einleitet. Die Dollarsendungen der im Exil lebenden Kubaner an die Verwandten auf der Insel werden zur Hauptdevisenquelle. Mit der Dollarflut hält der Kapitalismus Einzug auf Kuba, und der Schwarzmarkt erlebt einen neue Blüte.
Im selben Monat kommt es deshalb zu einer Massenflicht, bei der sich 35.000 mit fast allem was schwimmt in die USA absetzen. Der kubanische Sozialismus scheint Mitte der neunziger kurz vor seinem Ende zu stehen. Castro reagiert notgedrungen mit ersten Reformen und lässt per Dekret die freien Bauernmärkte wieder zu. Zudem erlaubt er Selbständigentätigkeit in einigen Bereichen. Auch in Staatsbetrieben finden mit der Zeit marktwirtschaftliche Prinzipien Einzug Doch sobald sich die kubanische Wirtschaft ein wenig erholt beendet Castro abrupt seinen Reformkurs. Die Gruppe der Reformer, die bisher mit der Unterstützung und Zustimmung Fidels am Fortschritt des Landes gearbeitet hat, wird kurzerhand aufgelöst. Teilweise werden Reformen wieder rückgängig gemacht. Der Hauptgrund für die Kehrtwende dürften wohl der zunehmende Einfluss und die wachsende Beliebtheit der Reformer bei der Bevölkerung gewesen sein. Vor allem bei der jungen Bevölkerung, die Castro mit seinen Parolen nicht mehr erreicht, stellen die Reformer eine ernsthafte Bedrohung für den absoluten Herrschaftsanspruch des Máximo Líders dar. Castro denkt keinen Augenblick daran, den Weg des Sozialismus, den er als junger Mann eingeschlagen hat, zu verlassen: Trotzig sagt er: „Wir werden uns allein verteidigen, umgeben von einem Ozean des Kapitalismus.“ Doch der real existierende Sozialismus sowjetischer Prägung ist auf Kuba dem Fidelismus gewichen, dem Kult um einen einstigen Rebellen, dem die Kubaner nur noch halbherzig folgen Nächstes Kapitel: Rückzug und Reflexionen
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