Neues aus Kuba
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Immer mehr Kreuzfahrtschiffe laufen kubanische Häfen an. Kuba setzt auf ungezügelte Tourismus-Expansion um ausbleibendes Öl aus Venezuela auszugleichen. Doch das Land ist darauf nicht vorbereitet. Bis zu dreimal in der Woche laufen große Kreuzfahrtschiffe in den Hafen Havannas. Die schwimmenden Hotels mit bis zu 2000 Passagieren an Bord kommen hauptsächlich vom nördlichen Nachbarn. Die 160 Kilometer breite Straße von Florida ist in wenigen Stunden überquert. Lange Zeit lief kein Cruiser die Karibikinsel an, erst seit 2015 machen wieder Kreuzfahrtschiffe in kubanischen Häfen fest. Im Mai 2016 ankerte nach mehr als 50 Jahren wieder ein cruiser-ship aus den USA in Hafen von Havanna.
Doch wer vom Malecón auf den Hafen blickt, der muss auch bemerken, dass die Zahl der Öltanker abnimmt. Lange Zeit unterstützte Kubas großer Bruder und engster Kooperationspartner Venezuela die Karibikinsel mit Öl zu Sonderkonditionen. 60% des kubanischen Olbedarfs wurde damit gedeckt, der Überschuss auf dem Weltmarkt mit Gewinn weiterverkauft. Das bescheerte einen stetigen Devisenfluss. Doch Caracas schickt wegen eigener wirtschaftlicher Probleme täglich nur noch ca. 54.000 Barrel nach Kuba. 40 Prozent weniger als noch 2015. Zudem sind die Weltmarktpreise für Öl niedrig. Die Reaktion der kubanischen Wirtschaft blieb nicht aus, sie schrumpfte vergangenes Jahr um 0,9 Prozent. Zur Kompensation der fehlenden Unterstützung aus Caracas setzte die Führung in Havanna verstärkt auf einen Plan, der seit Ende 2014 verfolgt wird, als US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Kollege Raúl Castro die Annäherung der beiden Erzfeinde einläuteten. Der Tourismus aus den Vereinigten Staaten (und anderswo) soll die Löcher im Staatssäckel stopfen, Touristendollars sollen den Mangel an Petrodallars wettmachen. Ein riskanter Plan, der - gerade unter einem Präsidenten Trump - neben den politischen Unsicherheit in Washington, vor allem eines außer Acht lässt: Der sozialistische Inselstaat hat weder die Infratruktur für Massentourismus, noch haben die Angestellten der staatlichen Touristikbetriebe eine Ahnung von serviceorientierter Tourismusindustrie. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bereits jetzt bei einer Verdopplung bis Verdreifachung der Hotelpreise vielerorts beklagenswert. Im Havanna werden mittlerweile für eine Hotelübernachtung oft genug 350 - 450 Euro pro Nacht verlangt. Geliefert wird dafür ein Drei-Sterne-Zimmer, ein Zwei-Sterne-Frühstück und ein Ein-Sterne-Service. Außerdem muss sich der Kuba-Urlauber mit Warteschlangen in Paladares, Museen, Clubs und Bars abfinden und mit einem quälend langsamen Internet. Trotzdem boomt der Kuba-Tourismus ungebrochen und die kubanischen Statistiker melden immer wieder neue Höchstzahlen. Sein Museumscharakter ist Kubas Alleinstelllungsmerkmal: die Oldtimer, das Morbide, der allgegenwärtige Zerfall, der Stillstand der Zeit. Vor allem Touristen aus den USA wollen Kuba noch einmal sehen, bevor McDonalds, Starbucks und andere amerikanische Ketten die Insel erobern, und sie sind bereit viel Geld zu bezahlen. Doch immer mehr merken, dass sie dafür nur wenig Gegenleistung erhalten. Die Zahl der Regressforderungen die Urlauber an Reiseveranstalter stellen, soll Insidern zufolge bedenklich steigen. Immer öfter kommt es vor, dass das bestellte Zimmer belegt ist oder der zugesicherte Mietewagen gerade in die Werkstatt muss. Kuba wird belagert von Touristen aus aller Herren Länder, die nur deshalb Unterkunft finden, weil die Regierung Privatunterkünfte zugelassen hat. Die Regierungs setzt unbeirrt auf weiteres Wachstum des Tourismussektor, dem größten Devisenbringer Kubas. Im Januar vermeldete das Tourismusmnisterium erneut eine Steigerung der Besucherzahlen um 15% gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr. Vor allem aus den USA drängen die Urlauber auf die Insel, 2016 waren es 285.000, 74 Prozent mehr als im Jahr davor. Und das obwohl reine Urlaubsreisen nach Kuba für US-Bürger weiterhin verboten sind. Sie können die Insel nur unter bestimmten Voraussetzungen bereisen etwa als Familienbesuch oder als Bildungsreise. 2016, im 57. Jahr der Revolution, sind erstmals mehr als vier Millionen Touristen nach Kuba gereist. 2017 sollen es 4,2 Millionen werden. Doch kann ein Land mit 11 Millionen Einwohnern auf Dauer vier Millionen Touristen und mehr unbeschadet verkraften?
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Text: Leon Latozke
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