Neues aus Kuba
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Wissenschaftler, Praktiker und Gerichte außerhalb der USA stellen die Legitimität, Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit extraterritorialer US-Sanktionen regelmäßig infrage. Ein britisches Urteil dazu könnte nun Präzedenzwirkung entfalten. Immer öfter greifen die USA als außenpolitisches Druckmittel gegenüber Staaten wie Kuba, Russland oder dem Iran zu extraterritorialen Sanktionen, die auch für Nicht-US-Unternehmen gelten. Ein Londoner Gericht bewilligte nun einem Kreditnehmer wegen solcher US-Sanktionen die Einstellung von Zinszahlungen. Mit extraterritorialen Sanktionen wollen die USA verhindern, dass die Geschäftstätigkeit ausländischer Unternehmen die Wirksamkeit der Restriktionen untergräbt. Zuletzt wurden Anfang November die US/Iran-Sanktionen verschärft. Davor setzte die Trump-Administration das dritte Kapitel des Helms-Burton-Gesetzes in Kraft, das in den USA Klagen gegen Unternehmen und Einzelpersonen ermöglicht, die Geschäfte mit nach der Revolution vom kubanischen Staat enteignetem Eigentum machen. Extraterritoriale Sanktionen sind allerdings vor allem in Europa umstritten – und beschäftigen auch europäische Gerichte. Während primäre US-Sanktionen grundsätzlich nur anwendbar sind, wenn etwa US-Personen/ -Unternehmen, US-Dollar-Zahlungen oder US-Güter involviert sind, verbieten extraterritoriale – oder sekundäre – Sanktionen auch bestimmte Geschäfte ohne jeglichen US-Bezug, und zwar für jeden. Der britische High Court hat nun in einem bemerkenswerten Urteil einen Kreditvertrag so ausgelegt, dass einzelne vertragliche Pflichten aufgrund extraterritorialer US-Sanktionsrisiken nicht erfüllt werden müssen. Der britische Kreditnehmer, zu dessen Gunsten das Gericht entschied, weigerte sich Zinsen für ein Darlehen zu zahlen, weil der wirtschaftliche Eigentümer des Kreditgebers nach Abschluss des Darlehensvertrags auf eine US-Sanktionsliste gesetzt worden war. Der Kreditnehmer argumentierte, dass die Zinszahlungen von der US-Sanktionsbehörde als verbotene Transaktion mit dem russischen Eigentümer angesehen werden könnten. Er berief sich dabei auf eine Klausel im Kreditvertrag, wonach Kreditnehmer nicht in Verzug geraten würden, wenn eine Zahlung wegen Einhaltung zwingender Rechtsvorschriften verweigert wird. Die extraterritorialen US-Sanktionen seien eine solche Rechtsvorschrift und ihre Einhaltung folglich von der genannten Klausel gedeckt. Mit dem Urteil trifft das Gericht zwar keine Aussage zur völkerrechtlichen Einordnung und Anerkennung von extraterritorialen US-Sanktionen, indirekt hat es diese aber offenbar als zwingendes Recht für die beteiligten europäischen Unternehmen anerkannt. Durch Geschäftsbeziehungen mit sanktionierten Personen oder Staaten können auch europäische Personen und Unternehmen solche US-Sanktionen verletzen - mit gewichtigen Konsequenzen: Ausschluss vom US-Kapitalmarkt, Verweigerung von US-Exportlizenzen, Ausschluss von der Teilnahme an US-Vergabeverfahren und in schwerwiegenden Fällen sogar eine Aufnahme in die US-Sanktionsliste. Wissenschafter, Praktiker und Gerichte außerhalb der USA stellen die Legitimität, Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit solcher extraterritorialen Maßnahme regelmäßig infrage. Das Urteil beschränkt sich auf die Interpretation der Kreditvertragsklausel und bindet andere europäische Gerichte nicht ein, es könnte aber Präzedenzwirkung entfalten. Quelle: Der Standard (https://t1p.de/tnlh)
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Text: Leon Latozke
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