Neues aus Kuba
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Auf solchen Mercados, wie z. B. dem Mercado de Artesania in der Calle Obispo decken sich nicht nur Einheimische mit erschwinglicher Mode ein, auch Touristen greifen gerne zu. Viel der modischen Kreationen auf diesen Mercados entwirft und fertigt die "Hermanidad de Bordadoras y Tejadoras de Belén" (Schwesternschaft der Näherinnen, Stickerinnen und Strickerinnen) im historischen Stadtteil Belén.Die Schwesternschaft wurde schon Anfang der 1990er Jahre unter der Schirmherrschaft von Eusebio Leal Spengler, Havannas Stadthistoriker, gegründet und hat mittlerweile rund 400 Mitglieder. Die Schwestern haben in ihre Genossenschaft die Möglichkeit eigene Entwürfe, aber auch Theater- und Berufsbekleidung zu schneidern, zu besticken oder Strickware zu fertigen. Eines der Hauptanliegen des Projekt ist es, die kunsthandwerklichen Fähigkeiten und das traditionelles Wissen des Alten Havannas vor dem Vergessen zu retten. Die Hermanidad zeigt ihre mit alter Technik in neuer Gestalt geschneiderten Produkte auf öffentlichen Modeschauen, die sich auch auf der Fashion-Week nicht verstecken müssten.
Das notwendige unternehnerische Rüstzeug und die Kompetenz den modischen Anforderungen ihrer Kundschaft gerecht zu werden, können die Frauen in Workshops der Hermanidad ohne Kostenaufwand erwerben. Auch das in Generationen erworbene Fachwissen und die traditionellen Fähigkeiten werden so weitergegeben. Und nicht zuletzt bessern die Schwestern mit ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt auf. Aber auch Gäste mit Näherfahrung können in zehntägigen Workshops, die die Genossenschaft in einem Palacio im chinesischen Viertel, im Hotel oder unter freiem Himmel abhält, Näh-, Stick- und Klöppeltechniken des Alten Havannas erlernen. Interessierte konne sich auf speziellen Stadtführungen der Kooperative über ihre sozialen Aktivitäten informieren. Zur Zeit fehlt es infolge einer Umorganisation an einer eigenen Werkstatt, doch die Schwesternschaft weiß sich zu helfen: "Wir klemmen uns unsere tragbaren Nähmaschinen unter den Arm und weichen momentan auf verschiedene Stadtviertel aus. Je nachdem, wo kurzfristig Arbeitsräume frei werden, treffen wir uns und nähen gemeinsam." sagt Elvira Muñoz, die Leiterin der Hermanidad. Dabei hilft der kubanische Kunstgewerbeverein "Asociación Cubana de Artesanos Artistas" (ACAA) mit der Bereitstellung provisorischer Werkstätten. "Das ist natürlich kein Dauerzustand" findet Elvira Muñoz. Ihr wäre es am liebsten, wenn die Genossinnen wie früher kostenlose Räumlichkeiten zur gemeinnsamen Herstellung und Präsentation ihre Entwürfen hätten. Dann wäre es der Schwesternschaft auch möglich, Touristinnen das Schneidern ihres Traumkleids preiswert und in kurzer Zeit anzubieten. Das Büro des Stadthistorikers von Havanna (Oficina del Historiador de la Ciudad de La Habana, OHCH) unter dessen Schrimherrschaft das Projekt der Schwesternschaft entstand, sieht in der Verbindung von Tourismus und sozialen Projekten eine Möglichkeit, Mittel für die umfangreichen Restaurierungsarbeiten in Alt-Havanna zu finden. Eusebio Leal der 1994, also mitten in der sogenannten Spezialperiode, mit der Koordination dieser Arbeiten betreut wurde, verfügt inzwischen über einen reichen Fundus an Erfahrungen, die er auf Kongressen uns Vorträgen in aller Welt weitergibt. Der Stadthistoriker hat das Ziel, das Weltkulturerbe Alt-Havanna, vor dem Zerfall zu bewahren und seinen ungefähr 90.000 Einwohnern ihren Wohnraum zu erhalten. Dazu wurde eigens ein staatlichs Unternehmen mit dem Namen "Habaguanex" gegründet, abgeleitet vom Indianerstamm, der einst um die Bucht von Havanna lebte. Die Firma lässt aus den Ruinen spanischer Palacios, prachtvolle Kolonialbauten wiedererstehen, in denen dann staatliche Hotels, Bars und Restaurants Devisen erwirtschaften So konnte Habaguanex Hunderte von Gebäuden aus der Kolonialzeit vor dem Verfall retten. Die damit einhergehende Aufwertung des Viertels soll aber nicht zur Vertreibung seiner Bewohner führen. Dazu kommen die im Tourismus erwirtschafteten Devisen nach einem festgelegten Schlüssel auch der Instandsetzung der Wohnungen der Einheimischen und von Kindergärten, Schulen und Altenheimen des Viertel zu Gute: 20% reinvestiert Habaguanex produktiv, 20% fließen in den Staatshaushalt, Sozialprojekte erhalten die restlichen 60%. Doch nicht alle können nach der kostenlosen Restaurierung ihrer Wohnung, die oft bis an die Decke mit zugewanderten Familienangehörigen gefüllt sind, wieder dorthin zurückkehren. Deshalb sind bei Habagaunex nicht nur Archtitekten und Kunsthandwerker beschäftigt, sondern auch Psychologen, die Familen auf die Folgen der Sanierung vorbereiten. Trotz aller positiven Impulse ist Wohnraum in Havanna weiterhin knapp und die Hoffnung auf Arbeit und Zugang zu Devisen und damit einem besseren Leben in Havanna, lässt den Zustrom aus dem Umland nicht versiegen. Leal und seine Mannschaft haben bereits viel bewegt und die umgerechnet rund 8 Millionen US-Dollar, die jährlich für Sanierungsarbeiten zur Verfügung stehen, geschickt eingesetzt: 18 Hotels, über 30 Restaurants, etliche Bars, Cafés und Ladengeschäfte wurden eröffnet, im sanierten Hafenviertel sogar eine Brauerei. Über 13000 Arbeitsplätze sind entstanden und des Lebensbedingnen derKubaner bessern sich langsam aber stetig. Viele vorher ungenutze Bauten erstrahlen heute dank Habaguanex in neuem Glanze. So wurde im vergangenen Jahr das Teatro Marti nach 38 Jahre währendem Zerfall zur Tourismusmesse FitCUBA 2014 wiedereröffnet. Einst diente der 1884 erbaute Prachtbau als Operettenbühne für die Oberschicht Havannas, heute bietet es allen Kubanern subventioniertes und Touristen für etwas mehr Geld großes Ballett- und Musikvergnügen. In 2014 besuchten mehr als 3 Millionen Touristen die Karibikinsel, davon 1 Million aus Kanada und 140.000 aus Deutschland, 20 % mehr als im Vorjahr. Der Tourismus trägt somit ganz entscheidend zum Aufschwung Kubas bei. Das Tauwetter zwischen Havanna und Washington lässt weitere Steigerungen der Touristenzahlen erwarten. Viele wollen Kuba sehen, solange es noch die exotische sozailistische Karibikinsel mit zwischenmenschlicher Wärem ist und sich von der rational geprägten wetslichen Wohlstandsgesellschaft abhebt. Die Verbesserung der kubanisch-amerikanischen Beziehungen kommen auch bei der Bevolkerung an; Telekommunikation, Export und Finmnazverkeher werden besser. Doch Castros von der Globalisierung nahezu unberührte Insel sieht sich großen Herausforderungen gegenüber. Derzeit werden neue Hotels mit über 10000 Zimmern gebaut, um dem durch die Reiseerleichterungen erwarteten Ansturm aus Nordamerika Herr zu werden. Die kubanische Tourismusbranche stösst schon jetzt die Grenzen der Kapazität ihrer rund 61.000 Zimmer. Tourismusminister Manuel Marrero Cruz hat große Projekte angekündigt. Neue Restaurants, Läden und Hotels entstehen, die Qualität wie auch Versorgung der Bevölkerung verbessert sich. Kuba öffnet sich und blüht auf und hätte so die Ressourcen, die dringend benötigten wirtschaftliche und soziale Reformen voranzutreiben. Touristica 77, Juli 2015, S. 172 ff
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Text: Leon Latozke
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