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"Manche sind gleicher als andere" - Weitere Dollarisierung des Einzelhandels kommt nicht gut an26/7/2020 Letzte Woche öffneten in Kuba weitere sogenannte Dollar-Shops, in denen Lebensmittel gegen US-Dollar und andere harte Währung verkauft werden. Viele sehen die fortschreitende Dollarisierung der Wirtschaft auf der Insel kritisch - sogar in Staatsmedien äußerte sich Unmut. Bislang konnten Kubaner Waren, die nicht rationiert und subventioniert sind, nur in CUC bezahlen, einer Währung, die nur in Kuba zirkuliert. Um der Verwendung des US-Dollars und anderer Fremdwährung auf dem Schwarzmarkt zu begegnen, eröffnete die Regierung Ende letzten Jahres sogenannte "Dollar-Geschäfte", in denen sie Artikel wie Haushaltsgeräte, Motorräder und Autoteile verkauft, und wo MLC (Moneda Libremente Convertible, dt.: Frei konvertierbares Geld) als Zahlungsmittel zugelassen ist. Vergangene Woche hatte die Regierung auch den Kauf von Lebensmittel und Hygieneprodukte mit MLC freigegeben. Ob Milch, Mehl, Speiseöl, Rindfleisch, Hühnchen oder Käse, was seit Wochen kaum zu bekommen war, stand plötzlich für harte Währung zum Verkauf. Mit der Maßnahme will die Regierung die dramatischen Folgen der Coronakrise abmildern. Kuba hat das Virus zwar dank seines für lateinamerikanische Verhältnisse vorbildlichen Gesundheitssystems unter Kontrolle – die ohnehin siechende kubanische Wirtschaft wurde bei der Coronabekämpfung jedoch gänzlich abgewürgt. Vor allem das Wegbrechen der Einnahmen aus dem Tourismus, dem zweitwichtigsten Devisenbringer, ist dramatisch. Doch die weitere "Dollarisierung" des Einzelhandels, mit der Kubas Regierung nun versucht dringend benötigte Devisen in die klammen Kassen zu spülen, kommt nicht bei allen Kubanern gut an. Viele sind aufgebracht über zunehmende Ungleichheit in einer Gesellschaft, die behauptet, egalitär zu sein. Auf der staatlichen Website Cubadebate äußert sich der Unmut in Tausenden von Kommentaren zu dem Artikel, in dem die Maßnahme angekündigt wurde. Vor allem Kubaner, die keine Familienangehörige im Ausland haben, die sie mit harter Währung versorgen können, plagt die Angst, dass viele Lebensmittel für sie unerreichbar werden. "Und der Kubaner, der kein Geld aus dem Ausland erhält? Und noch schlimmer, was ist mit den Rentnern? Viele von uns sind bei dieser Maßnahme außen vor gelassen worden. Vielleicht ist dies keine Republik 'mit allen und zum Wohle aller'" kommentierte ein Leser, und bezog sich auf ein José-Martí-ZItat, das von der kubanischen Führungsriege gerne benutzt wird. "ich arbeite für dieses Land in einem staatlichen Unternehmen, habe keine Familie, die mir Geld schickt, und kann es mir nicht leisten, mit dem, was ich verdiene, US-Dollars zu kaufen. Was wird passieren, wenn ich grundlegende Lebensmittel oder Dinge für mein Haus brauche und diese in den CUC-Läden nicht finden kann", kommentierte eine Leserin und fügte mit Bezug auf George Orwell hinzu: "Es scheint, dass viele dieser Maßnahmen zu einer viel größeren Ungleichheit zwischen den sozialen Klassen führen werden. Und ich sage noch viel mehr, auch wenn sie es nicht anerkennen wollen: Wir sind alle gleich, aber einige sind gleicher als andere." Auch die Zusicherung von Wirtschaftsminister Alejandro Gil, dass 47 "lebensnotwendige" Lebensmittel und Toilettenartikel weiterhin in den CUC-Geschäften erhältlich sein würden, "hochwertige" und "mittlere" Produkten nur in den neuen Dollar-Shops, stieß auf Unmut und hat sogar Befürworter der Regierung, die die Hilfe kubanischer Exilanten ablehnen, die von offizieller Seite jahrelang als "Konterrevolutionäre" und "Würmer" beschimpft wurden, nachdenklich gestimmt: "Ich bin sehr traurig, dass die revolutionäre Regierung wieder einmal zu Maßnahmen greift, die in erster Linie denen zugute kommen, die Verwandte in den Vereinigten Staaten haben, und eine weitere 'Umverteilung' fördert", lautet ein Kommentar, in dem es weiter heißt: "Die meisten dieser Nutznießer stehen der Revolution nicht positiv gegenüber. Jedenfalls haben wir bereits erlebt, dass Kubaner, die beim 'Feind' (in den USA, die Red.) wohnen, im Urlaub nach Kuba kommen, Autos mieten, in den besten Hotels wohnen und durch das Land reisen, als ob es ihnen gehört. Diese Dinge sind für die arbeitenden Menschen unerreichbar, und dann frage ich mich, wo bleibt unsere Würde?" Quelle: Cubadebate (https://t1p.de/ciqz)
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Text: Leon Latozke
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