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"Die Besten wandern aus" - Leonardo Padura im Gespräch über seinen neuen Roman (+Leseprobe)9/9/2020
Anlässlich der Erscheinung seines neuesten Romans "Como polvo en el viento" führte Kubas erfolgreichster und populärster zeitgenössischer Autor ein Interview mit der Nachrichtenagentur EFE.
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Leonardo Padura im Gespräch mit EFE (Bildquelle: Yahoo © Yahoo/EFE)
In seinem neuen Roman "Como polvo en el viento" (Wie Staub im Wind) erzählt Leonardo Padura die Geschichte des "Clans" wie sich eine in den 1980er Jahren in der kubanischen Hauptstadt gebildete Gruppe von Freunden nennt. Das Haus einer von ihnen, Clara, die für den Autor "Treue, Liebe und Beständigkeit" verkörpert, ist Dreh-und Angelpunkt der verschiedenen Schicksale, die die Figuren erwarten, und die meisten von ihnen ins Exil führt. Die spanische Nachrichtenagentur EFE hat mit dem Schriftsteller eine Interview über seinen neusten Roman geführt, dessen über zweijährige Recherchearbeit Padura von San Juan de Puerto Rico bis Tacoma (Washington), durch den Retiro-Park von Madrid, die Ramblas von Barcelona oder die Sommer-Enklave Segur de Calafell in Tarragona führte.
"Como polvo en el viento" ist in Spanien bereits erhältlich und wird in den nächsten Wochen in die Buchhandlungen Lateinamerikas kommen. Padura hat bereits die ersten Eindrücke von Lesern in Kuba erhalten, da dort, wie er einräumt, eine Raubkopie im PDF-Format unaufhaltsam im Umlauf ist, was ihn jedoch nicht sonderlich stört: "Hier in Kuba stört es mich nicht, denn es musste ja passieren, nächste Woche oder nächsten Monat. Ich selbst konsumiere oft Literatur, die auf alternativen Wegen zu mir kommt, denn in Kuba gibt es keinen Buchmarkt; [...] Mein vorheriger Roman, "Die Durchlässigkeit der Zeit" (2018), ist hier noch nicht erschienen." erklärte Padura gegenüber EFE. Er weiß dass, das viele auf der Insel ablehen, was er in seine Romanen über Kuba schreibt: Meine Bücher stören in der Regel viele Menschen und erfreuen auch viele Menschen, und das gehört zum Spiel der Literatur. Sie schreiben, was Sie glauben, was Sie denken, und Sie halten sich an die Konsequenzen. In der Literatur geht es nicht um Konsens; es geht darum, die Realität widerzuspiegeln, und es mag Einschätzungen geben, die manche Menschen nicht freundlich finden. Ich sage immer, dass die Wahrheit relativ ist. Die Lüge ist jedoch absolut. Und in meinem Buch gibt es keine Lüge". Die Mitglieder des Clans leben auf die unterschiedlichste Weise im Exil, von ständiger Nostalgie bis zur Verleugnung ihrer Vergangenheit, Für Padura bedeutet Exil immer Entwurzelung, "auch wenn man es auf die beste Art und Weise annimmt, wenn es einem wirtschaftlich passt, wenn man sich emotional zufrieden fühlt. Und Padura kritisiert in seinem Roman die radikale Haltung von Exilanten, die mit Hass in der Fremde leben. Er selbst lehnt radikale Positionen ab: "Ich habe keine absoluten Gewissheiten. Ich glaube, dass man immer überprüfen kann, was man denkt, was man fühlt, und es zu bestimmten Zeiten anders verstehen kann. Extreme Positionen, so fundiert sie auch sein mögen, haben immer ein Element, das mir Angst macht: den Ausschluss des anderen: Wenn man eine Position einnimmt, die keinen Dialog zulässt, schließt man die Stimme des anderen aus. Wie wollen Sie mir sagen, dass Ihr Gott oder Ihre politische Partei der einzige ist, dass ich ausgeschlossen, verurteilt, verloren bin, wenn ich es nicht so glaube, wie Sie es glauben?" Von den Figuren in seinem Roman kann sich der Schriftsteller, der selbst nie auswandern wollte, am besten mit Irving identifizieren. "Die Figur, mit der ich meine mögliche Position mit dem Exil identifiziert habe, ist die Figur, die in Madrid ankommt, ein schwuler Mann, obwohl ich nicht schwul bin, bis jetzt," sagte er lachend im Interview und erläutert: "Er trägt eine Reihe von Habseligkeiten, von Beziehungen mit sich. Es ist nicht dasselbe, nichts zurückzulassen, wie alles zurückzulassen. Und das ist ein Element, das Sie in einem bestimmten Kontext und einer bestimmten Realität verwurzelt. Deshalb versucht dieser Charakter, Irving, eine Routine zu schaffen, um sich an das Leben in Madrid anzupassen, aber diese Routine ist immer von Abwesenheit, Distanz, Abgeschiedenheit und dem Gefühl durchdrungen, nicht mehr der zu sein, der er war." "Ich glaube, dass die Heimat der Ort ist, mit dem man sich sentimental, spirituell, kulturell identifiziert. Es gibt keinen Ersatz, denn diese Identifikation ist dauerhaft, sie macht Sie zu dem, was Sie sind. Man kann ein Kosmopolit sein, eine sehr universelle Sicht der Welt haben und überall leben, aber man gehört einem Ort an. Wenn man mich fragt, warum Sie noch nicht abgereist sind, warum Sie in Kuba bleiben, antworte ich, dass ich bleibe, weil es für mich sehr schwierig wäre, etwas anderes als ein kubanischer Schriftsteller zu sein." fügte er hinzu. In "Como polvo en el viento" zeichnet Padura ein Bild vom Kuba der 1990er und 2000er Jahren, in dem Einheitsdenken gewaltsam durchgesetzt und Andersdenkende unterdrückt werden, die Armut eine große Mehrheit der Bevölkerung erreicht hat und sich die Korruption auf allen Ebenen ausbreitet. EFE wollte von dem 65-Jährigen wissen. inwieweit sich das geändert hat: "Das in Kubas zu verfolgen ist sehr kompliziert, denn dadurch, dass das politisch-wirtschaftliche System nicht verändert wird, entsteht der Eindruck, dass sich die kubanische Gesellschaft nicht verändert hat. Ich denke, dass es 1989-91 einen sehr tiefen Einschnitt in der gesellschaftlichen Entwicklung gab. Zu Beginn der 90er Jahre beginnt die so genannte Sonderperiode, eine sehr schwere Wirtschaftskrise, die eine sehr tiefe soziale Krise ausgelöst hat. Wir haben weder das eine noch das andere überwunden. Wir spüren immer noch die Folgen und die Gegenwart dieser Krisen. Auf jeden Fall hat diese Krise einen Wandel in der kubanischen Gesellschaft bewirkt." Padura ist zudem der Meinung, dass die heutige Jugend nicht mit den Romanfiguren mit ihren starke, starren ideologische Überzeugungen zu vergleichen ist. "Unsere Generation war sehr homogen, weil wir sehr ähnliche Erfahrungen, Verhaltensweisen und Projektionen hatten erklärte er gegenüber EFE und führt weiter aus: "Das wird auch durch diese Krise der 90er Jahre gebrochen. Heute finden Sie alle Möglichkeiten: von denen, die studieren wollen, bis zu denen, die Geschäfte machen wollen; von denen, die bleiben wollen, bis zu denen, die gehen wollen; von denen, die das eine über das System denken, bis zu denen, die etwas anderes denken." In den neuen Generationen gebe es eine Vielfalt von Ausdrucksformen, und der Schriftsteller bedauert zutiefst, "dass die am besten vorbereiteten jungen Menschen diejenigen sind, die am meisten zur Auswanderung neigen. Dies ist ein Verlust, unter dem das Land, das Vaterland, wie wir sagten, leidet, und es ist sehr schwierig, ihn wieder gutzumachen."
Quelle: Yahoo (https://t1p.de/bjzx)
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Text: Leon Latozke
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